Anakinra (IL-1Ra) bei schwerer Hämochromatose-Arthropathie

Fachsimpeln rund um Hämochromatose für besonders Interessierte.
Hier darf Fachvokabular ohne leichtverständliche Erklärung benutzt werden und englische Sprache ohne deutsche Übersetzung. Es können sowohl etablierte als auch nicht etablierte Hypothesen rund um Eisenüberladung diskutiert werden.
Antworten
Benutzeravatar
Lia
Alter Hase
Alter Hase
Beiträge: 5861
Registriert: Mo 15. Mär 2004, 16:08

Anakinra (IL-1Ra) bei schwerer Hämochromatose-Arthropathie

Beitrag von Lia »

Zum neuesten Eintrag von Caros Thread
http://haemochromatose-forum.de/forum/m ... 534#p41534
möchte ich ein paar Infos beisteuern.
Manch einer hier wird sich fragen, was dieses Medikament Anakinra ist und warum man auf den Gedanken kommt, bei schwerer Hämochromatose-Arthropathie mit entzündlichem Erscheinungsbild einen Behandlungsversuch zu starten.

Anakinra gehört zu den sog. humanen Interleukin-1-Rezeptorantagonisten.
Was ist das, IL-1-Rezeptorantagonist?
Verständliche Erklärung gibt Rheuma-online: https://www.rheuma-online.de/a-z/i/inte ... ntagonist/
Diese (abgekürzt) IL-1-Rezeptorantagonisten stellt der Körper auch selbst her, im Medikament Anakinra sind die IL-1-Rezeptorantagonisten, diese Proteine synthetisch hergestellt. (Aber nahezu identisch mit den natürlichen Proteinen, die der Körper herstellt. )

Wie wirkt Anakinra? Bei welchen Erkrankungen wird das Medikament eingesetzt?
Bei diversen Erkrankungen wird zu viel Protein Interleukin-1 produziert und es kommt dadurch zu Entzündungen. Anakinra wirkt hemmend auf die Überproduktion von Interleukin-1 und kann so Entzündungen entgegenwirken und Schmerzen lindern.
Hauptsächlich wird Anakinra bei bestimmten Rheumaformen und speziellen periodisch wiederkehrenden Fiebererkrankungen eingesetzt.
Bei Kristallarthropathien mit Kalziumpyrophosphat-Dihydrat (CPPD)-Ablagerungen, Pseudogicht, kann es ebenfalls positive Wirkung zeigen. Auch bei einem Teil der Patienten mit Hämochromatose-Arthropathie kommt es zu solchen Kristallablagerungen in die Gelenke, die dann dort Entzündungen verursachen.
Es gab bislang bereits Behandlungsversuche mit dem teuren Medikament Anakinra bei diesen Kristallarthropathien und bei schwerer Hämochromatose-Arthropathie (mit entzündlichem Erscheinungsbild, wenn andere Behandlungsoptionen nicht erfolgreich waren), im Rahmen von Fallberichten und kleinen Studien:

Fallbericht, Paris, 2012: Die Beschwerden besserten sich bei den 2 Patienten deutlich, solange sie Anakinra bekamen. Die Schmerzen und Entzündungen gingen zurück. Nach Absetzen von Anakinra kehrten die Beschwerden allerdings bald wieder, d.h. man müsste Anakinra für einen dauerhaften Behandlungserfolg wohl über längeren Zeitraum bzw. dauerhaft bekommen.(engl.): https://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/d ... 1&type=pdf

Behandlung Hämochromatose-Arthropathie mit Anakinra: (engl.) im Rahmen einer Studie mit 17 Patienten mit schwerer Hämochromatose-Arthropathie, Rennes(Frankreich).Studie endete 2018. Mir liegt dazu kein Studienergebnis vor:
https://ichgcp.net/clinical-trials-registry/NCT02263638

Dr. Axel Braner hat einen Artikel (2018) zu Hämochromatose-assoziierten Arthropathien geschrieben und darin Anakinra und vielleicht auch die Studie in Rennes erwähnt, leider liegt mir dazu noch kein Volltext vor. (Abstract https://www.thieme-connect.com/products ... -0505-9244 ) Sobald ich den habe, werde ich hier ggfls. mehr schreiben.

Für weitergehende Info zu Anakinra als Behandlungsoption im Einzelfall für Patienten mit schwerer, entzündlicher Hämochromatose-Arthropathie kann sicher die Hämochromatose-Vereinigung Deutschland e.V. weiterhelfen.


Liebe Grüße

Lia
Benutzeravatar
Kunozerus
Alter Hase
Alter Hase
Beiträge: 718
Registriert: Mo 28. Mai 2012, 22:14
Wohnort: Wendland, wo die Wölfe wohnen
Kontaktdaten:

Re: Anakinra (IL-1Ra) bei schwerer Hämochromatose-Arthropath

Beitrag von Kunozerus »

Danke, liebe Lia für diesen informativen Beitrag!

Allen, für die eine Behandlung mit Anakinra oder einem anderen Biological in Frage kommt, empfehle ich auf jeden Fall, sich an einen Rheumatologen zu wenden, der sich mit Hämochromatose sehr gut auskennt. "Normale" Rheumatologen sind da nach meiner Erfahrung nicht unbedingt kompetente Ansprechpartner.
Zu Dr. Braner fahre ich nicht ohne Grund durch die halbe Republik...

Neben Anakinra ist u.U. bei Hämochromatose-Arthropathie auch der Interleukin-6-Blocker Tocilizumab eine Option.

Wer konkrete Fragen hat, darf mich auch gerne anschreiben.

:winke
Das Leben ist gar nicht so. Es ist ganz anders!

Liebe Grüße von Caro
Benutzeravatar
Lia
Alter Hase
Alter Hase
Beiträge: 5861
Registriert: Mo 15. Mär 2004, 16:08

Re: Anakinra (IL-1Ra) bei schwerer Hämochromatose-Arthropath

Beitrag von Lia »

Hallo Caro,

wie klappt es bei Dir mit Anakinra? Wie kommst Du damit klar?
Mir hat Dr. B. jetzt angesichts der Ausprägung meiner Gelenkmuckereien denselben Vorschlag mit Anakinra gemacht.
Kostenübernahme will er klären und hängt von weiteren Untersuchungsergebnissen ab.

Noch jemand hier mit Anakinra (Kineret)?

Liebe Grüße

Lia
Antworten