Hämochromatose in der Schwangerschaft

In diesen älteren Diskussionen der Vorjahre könnt Ihr lesen und auch weiter aktiv schreiben. Beachtet, dass sich der Stand der Forschung seitdem geändert haben kann. Es gibt inzwischen neue Empfehlungen und Leitlinien zur Diagnostik und Therapie.
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sae891
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Hämochromatose in der Schwangerschaft

Beitrag von sae891 »

Hallo zusammen,

gibt es hier im Forum jemanden der sich mit Hämochromatose in der Schwangerschaft auskennt? Leider findet man sehr sehr wenig bis gar nichts zu dem Thema im Internet.

Kann mir jemand weiterhelfen?

Vielen Dank und liebe Grüße
IronLady
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Re: Hämochromatose in der Schwangerschaft

Beitrag von IronLady »

Was möchtest du denn wissen?
sae891
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Re: Hämochromatose in der Schwangerschaft

Beitrag von sae891 »

Bis zu welcher Grenze der Ferritin in der Schwangerschaft ok ist?
Kann man bedenkenlos Aderlässe machen lassen? Schadet zu viel Eisen dem Ungeborenen?
Alles rund ums Thema... :-)
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Lia
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Re: Hämochromatose in der Schwangerschaft

Beitrag von Lia »

Hallo sae891,
sae891 hat geschrieben: gibt es hier im Forum jemanden der sich mit Hämochromatose in der Schwangerschaft auskennt? Leider findet man sehr sehr wenig bis gar nichts zu dem Thema im Internet.
Im Forum wirst Du fündig zum Thema Aderlässe + Schwangerschaft. Diese beiden Threads werden Deine Fragen vermutlich bereits beantworten:
:arrow: http://haemochromatose-forum.de/forum/m ... f=3&t=2776
Und v.a. dieser Thread: Hatte extra mal Dr. med.Dr. rer. nat. Peter Nielsen von der Eisenstoffwechselambulanz am UKE Hamburg-Eppendorf kontaktiert. Er kennt sich aus. Lies Dich da mal durch:
:arrow: http://haemochromatose-forum.de/forum/m ... =19&t=1778
sae891 hat geschrieben:Bis zu welcher Grenze der Ferritin in der Schwangerschaft ok ist?
Kann man bedenkenlos Aderlässe machen lassen? Schadet zu viel Eisen dem Ungeborenen?
Alles rund ums Thema... :-)
Wenn Du die Links durch hast, poste doch mal, wie Du das für Dich siehst. Dann melde ich mich gern nochmal dazu. Leider hast Du Dein Ferritin und Deinen Gesundheitszustand nicht gepostet, aber vermutlich nur gering erhöhtes Ferritin, wenn überhaupt...?
Vielleicht bekommst Du auch noch persönliche Erfahrungen anderer Leute im Forum.

Liebe Grüße

Lia
sae891
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Re: Hämochromatose in der Schwangerschaft

Beitrag von sae891 »

Liebe Lia,

vielen Dank für deine Antwort.
Ich habe mir gerade bei Threads durchgelesen.
Meine FA kennt sich so gar nicht aus mit einer Hämochromatose, hat mich dann zur Pränataldiagnostik geschickt, bzw. wollte mich überweisen in ein zytogentisches Labor für molekulare Genetik.
So wie ich meine FA verstanden habe möchte bezieht sich das eher auf das Vererben der Krankheit und nicht auf das Verhalten während der Schwangerschaft.
Ich war also bei der Pränataldiagnostik, Untersuchung war alles soweit gut, sie wollte sich allerdings noch mit einer Hämatologin austauschen und mir Bescheid geben, leider habe ich bis jetzt noch nichts gehört. Muss ich dann wohl nächste Woche nochmal nachfragen.

Mein Ferritin lag im August 2019 nach 6 Aderlässen bei 38, Transferrin bei 1,85 und TF-Sättigung bei 25
Letztes Labor vom 19.11. Ferritin bei 119, TF bei 1,47 und TF-Sättigung bei 58
Schwanger bin ich seit Mitte Oktober.

Am Besten jetzt wohl erstmal wieder eine Laborkontrolle?

Danke und liebe Grüße
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Lia
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Re: Hämochromatose in der Schwangerschaft

Beitrag von Lia »

Hallo sae891,

uff, da macht man ja einen Aufwand. Meines Erachtens viel zu viel unnötige Aufregung:

1. Du bist ohne Eisenüberladung mit einem normalen Ferritin in die Schwangerschaft gestartet. Du und Dein Kind werden jetzt viel Eisen benötigen, d.h. man braucht dann weder Aderlässe noch extra eisenarme Diät. Sondern einfach gesunde Nahrung inkl Eisen wie andere Schwangere auch. Dazu hast Du ja schon die Links gelesen.

2. Klar ist, das Kind wird bei einer C282Y homozygoten Mutter auf jeden Fall zumindest einfach heterozygot sein. Macht nix, sind viele in der gesunden Allgemeinbevölkerung auch und es schützt vor Eisenmangel. :)
Falls der Vater auch eine Mutation hat, vererbt er evtl auch eine Mutation an sein Kind. Dann wäre das Kind homozygot (oder kombiniert heterozygot) und hätte die genetische Disposition, unbehandelt evtl. im Laufe des Lebens eine Eisenüberladung zu entwickeln. Das wäre aber auch kein Beinbruch: in der Kindheit hat ein Kind ohne Eisenmangel deutliche Vorteile in der körperlichen und geistigen Entwicklung gegenüber Kindern mit Eisenmangel. Eine heterozygote oder sogar homozygot vorhandene Mutation wäre also im Kinderalter klar von Vorteil! gegenüber Kindern mit Eisenmangel. Homozygotie (oder kombinierte Heterozygotie aus verschiedenen heterozygot vorhandenen Mutationen) würde sich frühestens im Erwachsenenalter nachteilig auswirken und nur dann, falls man nicht mit ab und an einem Aderlass das Eisen in Balance hält.
Das erwachsene Kind sollte m.E. selbst entscheiden dürfen, ob es überhaupt einen Gentest möchte oder nicht. Gentest ist nicht zwingend medizinisch sinnvoll oder notwendig. Es würde z.B. völlig ausreichen, mit einem einfachen Bluttest das Eisen zu testen und nicht den Genstatus. Gibt Eisen keinen Hinweis auf Eisenüberladung, kann man auch einfach Eisenwerte im Blick haben und ab und an Eisen testen.
Sollte das Ferritin steigen, kann man rechtzeitig gegensteuern. Aus meiner Sicht macht ein Gentest erst bei hinreichendem Verdacht auf Eisenüberladung Sinn.

Ich würde hier also nicht vorgreifen. Sollte sich nämlich eine Homozygotie herausstellen, könnte das Kind unnötig Nachteile haben: Keine Berufsunfähigkeitsversicherung etc....
Das ist wichtig. Denk drüber nach. Dein ungeborenes Kind braucht jetzt überhaupt keinen Hämochromatose-Gentest. Dein geborenes Kind im Kindesalter auch nicht. Es braucht eine entspannte Mutter und Ärzte ohne Überdiagnostik, die Dich entspannen lassen. Ist das Kind (=/>)18 Jahre alt, soll es selbst entscheiden dürfen, ob Gentest oder nicht.
Das sagt auch die deutsche Leitlinie zur Diagnostik von Hämochromatose https://www.gfhev.de/de/leitlinien/LL_u ... matose.pdf
Leitlinie zur molekulargenetischen Diagnostik der hereditären Hämochromatose
(Berufsverband Deutscher Humangenetiker e.V. ,
Deutsche Gesellschaft für Humangenetik e.V.)

Diese Leitlinie kannst Du ggfls Deinem Arzt vorlegen.

Liebe Grüße
Lia
sae891
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Re: Hämochromatose in der Schwangerschaft

Beitrag von sae891 »

Hallo Lia,

vielen Dank für deine wirkliche ausführliche und informative Antwort.
Was ein Gentest als Baby bzw. Kind betrifft bin ich absolut deiner Meinung. Ich sehe es nur von Vorteil als Eltern zu wissen, ok die "Gefahr" ist da das mein Kind ebenfalls diese Krankheit bekommt, aber damit kann man ja gut leben. Ab und zu, ab einem gewissen Alter natürlich, das Ferritin oder den Eisenwert kontrollieren und solange nichts auffällig ist würde ich auch nichts machen lassen. Bei mir wusste es ja auch niemand ;-)
Vorallem würde ich niemals jetzt in der Schwangerschaft durch irgend welche Tests etwas bei meinem Baby bestimmen lassen. Es ändert ja eh nichts an der Situation also meiner Ansicht nach völlig sinnlos.

Die Pränatalärztin hat sich doch tatsächlich heute gemeldet, nachdem ich am Montag angerufen hatte. Aber sie hat sich wohl nicht mit ihrer Hämatologin besprochen und möchte mich jetzt wieder zum Internisten schicken um da das Blut regelmäßig kontrollieren zu lassen und sie meinte ggf. müsste man etwas zur Blutverdünnung geben da das Blutvolumen in der Schwangerschaft ja doppelt so hoch ist wie bei nicht schwangeren Menschen.
Das verunsichert einfach nur noch mehr alles. Ich möchte eigentlich einfach nur einen Arzt dem ich in gewisser Weise vertrauen kann der mir sagt wir kontrollieren das aber keine Sorge es wird oder kann nichts passieren...
Bin leider immer noch ein bisschen Hilflos, aber deine Infos haben mich zumindest schon ein bisschen beruhigt.

Vielen lieben Dank und liebe Grüße

sae891
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Re: Hämochromatose in der Schwangerschaft

Beitrag von IronLady »

Hallo,
Ich kann dich vielleicht noch ein bisschen beruhigen.
Ich war in einer ähnlichen Situation, nur war mein Ferritin Tu Beginn der Schwangerschaft noch leicht erhöht (um die 300 ng/ml, mein gemessener Spitzenwert war bei ca. 700 ng/ml, Leber gesund, keine Beschwerden, die Hämochromatose war ein Zufallsbefund)

Ich habe das Glück drei erfahrene, gewissenhafte und dich entspannte ÄrztInnen zu haben (Internist, Gynäkologin, Pränataldiagnostiker)

Die einstimmige Meinung aller drei (und noch zusätzlicher Experten, die sie zu Rate gezogen hatten) war: Für mich während der Schwangerschaft keine Aderlässe, auch keine zusätzlichen Kontrollen, bei Blutabnahmen, die sowieso gemacht werden haben wir den Eisenstatus mit angeschaut.

Drei Monate nach der Geburt habe ich wieder mit Kontrollen angefangen und mein Ferritin war so niedrig, dass vorerst keine Aderlässe nötig waren... Die Schwangerschaft und die Geburt mit ziemlich viel Blutverlust haben die Speicher geleert.

Was das Kind betrifft haben wir gar nichts gemacht. Der Kinderarzt weiß Bescheid, dass es genetisch zumindest teilweise vorbelastet ist, aber da werden wir einfach hin und wieder die Eisenwerte anschauen.

Ohne Organschäden ist die Hämochromatose in der Schwangerschaft sicher kein Grund sich große Sorgen zu machen.

Liebe Grüße und alles Gute
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Lia
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Re: Hämochromatose in der Schwangerschaft

Beitrag von Lia »

Hallo sae891,

Ironlady hat das ja auch schon geschrieben, sehe ich auch so, lass Dich nicht aus der Ruhe bringen. Unnötig Stresshormone ankurbeln, brauchst Du nicht. Die Ärztin wirkt mir etwas konfus.
Der Körper ist mit mehreren Mechanismen an die veränderten Verhältnisse in der Schwangerschaft bestens angepasst, z.B. kompensiert mit einem körpereigenen System zur Blutverdünnung: der Körper erhöht das Plasmavolumen. Plasma ist die Flüssigkeit im Blut-ohne die Zellbestandteile. Durch das erhöhte Plasmavolumen schwimmen die roten Blutkörperchen in mehr Flüssigkeit. Die Blutzähigkeit wird dadurch herabgesetzt, das Blut kann besser fließen. Es ist also z.B. ein großer Unterschied, ob im Blut das Plasmavolumen oder aber die Zahl der roten Butkörperchen erhöht ist.

Ich sehe per se bei einer gesunden Frau mit eisenbalancierter Hämochromatosedisposition keinen Anlass für irgendeine gesteigerte nervös machende Vorsicht.
Ich halte sogar für möglich, dass die Pränatalärztin etwas durcheinander bringt. Erhöhte Blutzähigkeit sieht man auf dem Laborzettel am erhöhten Hämatokrit. Es gibt eine Erkrankung, bei der durch dauerhaft gesteigerte Neubildung von roten Blutkörperchen zu gefährlich erhöhter Blutzähigkeit kommen kann. Sie kann blutverdünnende Medikamente nötig machen und auch bei dieser Erkrankung sind Aderlässe Standardtherapie. Die Erkrankung heißt Polyzythämia vera. Das ist eine völlig andere Erkrankung als Hämochromatose, mit völlig anderer Ursache. Lediglich bei der Therapie gibt es Gemeinsamkeiten durch den Entzug der roten Blutkörperchen via Aderlass. Zwar kann man auch bei Hämochromatose zu Diagnosezeitpunkt und bei Beginn der intensiven Aderlasstherapie besonders bei hochgradiger Eisenüberladung eine erhöhte Blutzähigkeit sehen, aber im Verlauf der Aderlässe und in der Erhaltungsphase ist das nicht mehr typisch. Sie wäre nicht die erste Medizinerin, die beide Erkrankungen verwechselt und ungerechtfertigt nervös macht, es taucht alle paar Jahre im Forum sowas auf...

Naja, vielleicht kann ja der Internist Beruhigung für die Ärztin erwirken.

Alles Gute für Dich!

Liebe Grüße

Lia
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