Delphine - mit Insulinresistenz und Eisenüberladung

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Lia
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Registriert: Mo 15. Mär 2004, 16:08

Delphine - mit Insulinresistenz und Eisenüberladung

Beitrag von Lia »

Hallo ,

insbesondere für die Tierfreunde :schmetterling und Diabetiker :weglauf unter uns ein Artikel von mir zu Delphinen, Insulinresistenz und Eisenüberladung :winke :

Delphine, unser Hämo-Ebenbild im Meer?!

Delphine sind uns Menschen sehr ähnlich. Sie bekommen auch ähnliche Krankheiten, z.B. Eisenüberladung. Manche Krankheiten wie eine natürliche Form von Typ 2 Diabetes haben sogar nur Mensch und Delphin gemeinsam.
Interessanterweise ist ein diabetesähnlicher Zustand bei Delphinen ein völlig harmloses Phänomen. Mehr noch, sie können "ihren Diabetes" sogar an-und abschalten, wie man in Untersuchungen herausfand.

Wozu nützt der "Diabetesschalter", der Schalter zum an-und ausknipsen der Insulinresistenz?
Menschen und Delphine verfügen über große Gehirne. Solche Hochleistungsgehirne mit hohem Energieaufwand brauchen viel Zucker. Hochproteinreiche Fischkost enthält jedoch nur wenig glucosereiche Kohlenhydrate.
Man machte bei einer Studie mit 52 in Gefangenschaft gehaltenen Delphinen eine interessante Beobachtung: Gesunde Delphine versetzen sich in einen Zustand der Insulinresistenz, wenn sie z.B. nachts über längere Zeit keine Nahrung zu sich nehmen. Bekommen sie zu fressen, schalten sie wieder auf nichtdiabetische Stoffwechsellage um.
Die Insulinresistenz mit hohem Glucoselevel während der Nichtfreßzeiten hilft wohl, ihre großen Gehirne mit Glucose zu versorgen. In nüchternem Zustand schalten sie ihre Insulinresistenz an, was ihrem großen Gehirn nützt. Nach dem Fressen nehmen sich die Delphine wieder "diabetesfrei" und schalten die Insulinresistenz aus, damit es nicht zu gesundheitlichen Schäden kommt. Delphine haben also durch ihren kontrollierten Diabetes einen Nutzen.

Könnte es beim Menschen auch so einen Nutzen geben?
Genau wie beim Delphin mit proteinreicher Fischkost könnte Insulinresistenz beim Menschen im Laufe der Evolution auf ähnliche Weise von Vorteil gewesen sein. Im Wechsel zur letzten Eiszeit änderten sich die Lebensumstände und Ernährung deutlich. Vor der Eiszeit war die Kost überwiegend pflanzlich und daher eher kohlenhydratreich und proteinarm. Aufgrund des kälter werdenden Klimas änderte sich der Speisezettel. Als Nahrung stand nun hauptsächlich proteinreiches Fleisch zur Verfügung, also kohlenhydratarme Kost ähnlich der proteinreichen Kost der Delphine.

Es scheint auch bei uns Menschen einen solchen durch Fasten induzierbaren Schaltermechanismus für den Glucosestoffwechsel zu geben, der uns Menschen vielleicht besser durch die Eiszeit brachte.
Für die Forschung ist ein solcher Schalter zur Kontrolle des Diabetes sehr spannend. Es könnten sich aus der Erforschung des "Delphindiabetes" auch neue Erkenntnisse für die Prävention und Therapie von menschlichem pathologischem Diabetes ergeben, wenn man etwa herausfindet, wie der Schalter zum An-und Ausschalten des diabetesähnlichen Zustands funktioniert.

Insulinresistenz beim Delphinhämo
Soviel zu den gesunden Diabetes-Delphinen. Jedoch sind auch Delphine wohl nicht davor gefeit, unter bestimmten Bedingungen einen krankhaften Diabeteszustand zu entwickeln, ähnlich des menschlichen Diabetes. Und sie sind auch vor Eisenüberladung nicht gefeit. In der Delphindiabetesstudie hatte ein Tier, welches im Vergleich zu den anderen Delphinen einen besonders hohem Blutzuckerspiegel aufwies, zudem eine Eisenüberladung, eine Hämochromatose.

Der erste bekannte Delphin mit Hämochromatose namens Hailey lebte im National Aquarium in Baltimore, USA. Er wurde 1995 mit Hämochromatose diagnostiziert, bekam Medikamente, aber wohl keine Aderlaßtherapie. Nach langer Krankheit mit Leberschaden, Schmerzen und Appetitlosigkeit wurde er im Alter von 20 Jahren schließlich eingeschläfert. Wilde Delphine werden durchschnittlich 25 Jahre alt, in Gefangenschaft deutlich älter.

Im Jahr 2008 wurde das Thema Eisenüberladung bei Delphinen erstmals untersucht. 18 Delphine, davon 6 Delphine, welche über einen längeren Zeitraum erhöhte Leberwerte (ALT,AST) aufwiesen und 12 gesunde Delphine als Kontrollgruppe wurden auf Eisenüberladung hin untersucht.
Eisenüberladung bei Delphinen läßt sich durch Eisenlaborwerte und Leberbiopsie nachweisen.
Die Delphine mit den erhöhten Leberwerten hatten doppelt so hohes Serumeisen als Delphine mit normalen Leberwerten. Auch andere Werte wie Glucoselevel waren bei diesen Tieren im Vergleich zur normalen Kontrollgruppe erhöht. Zwei der Delphine wiesen sogar eine exzessive Eisenüberladung auf, einer der beiden hatte eine Leberentzündung. Der abnorme Eisenstoffwechsel der Studiendelphine ist vermutlich mit Leberschaden assoziiert. Ob Eisenüberladung Folge oder Ursache einer Lebererkrankung war, wurde in der Untersuchung nicht geklärt.

Bei der Eisenüberladung des Menschen -interessant aus meiner Sicht insbesondere bei sekundärer Hämochromatose im Rahmen des metabolischen Syndroms- findet sich meist auch eine Insulinresistenz.
Delphine mit Eisenüberladung haben eine krankhafte Insulinresistenz, dafür gäbe es klare Hinweise, sagt die Forscherin Venn-Watson, die dies in der Studie mit den Delphinen herausfand und die sich mit dem Thema Diabetes bei Delphinen intensiv befaßt.
Die möglichen Verbindungen zwischen Eisenüberladung und krankhaften diabetesähnlichen Zuständen sind ein interessanter Gegenstand zukünftiger Forschung. Gerade bei solchen uns in vielerlei Hinsicht ähnlichen Tieren wie den Delphinen, bei denen es zu den normalen gesunden Körperfunktionen gehört, eine Insulinresistenz an- und abzuschalten.
Delphine versterben an Erkrankungen wie Gallensteinen oder Hämochromatose wahrscheinlich nur selten. Daher interessieren die Delphinforscherin neben Diabetes auch diese Erkrankungen, um besser zu verstehen, wie sie bei Delphinen verhindert und behandelt werden können. Und weitere Fragestellungen könnten sein, wie genau die Delphin-Eisenüberladung entsteht, wie sie mit Insulinresistenz zusammenhängt und ob der Zusammenhang zwischen Insulinresistenz und Eisenüberladung ähnlich ist wie beim Menschen.

Wie therapiert man eisenüberladenene Delphine?
Wie entzieht man diesen uns ähnlichen Wesen das überschüssige Eisen? Jawoll- mit Aderlässen :wink:
Künftigen Delphinhämos soll es besser gehen als "Hailey", daher untersuchte man die Wirkung von Aderlässen bei 3 erwachsenen Delphinen mit nachgewiesener Hämochromatose Die Tiere kränkelten, zeigten wenig Appetit und hatten erhöhte Eisen-und Leberwerte sowie eine Hämosiderose der Leber. Ihre überschüssigen Eisenspeicher wurden mit wöchentlichen Aderlässen über 22-30 Wochen entfernt und ihre Krankheitszeichen verschwanden.
Interessanterweise benötigten nicht alle Delphine Erhaltungsaderlässe. Nur einer der drei bekommt alle 8-12 Wochen einen Erhaltungsaderlaß.
(Details: Entnahmemenge: 1-3 Liter, entspricht 7-17% des geschätzten Gesamt-Blutvolumens.
Entnommenes Gesamteisen jedes Delphins war 53 bis 111 mg/kg (24.1 to 50.5 mg/lb) der Körpergewichts.)
Delphinblut wird aus der Schwanzflosse entommen, so auch das Blut für den therapeutischen Aderlaß. Delphine scheinen vorbildliche Aderlaßopfer für die menschlichen Vampire im Weißkittel zu sein. Sie bieten ihnen sogar freiwillig die Flosse -da kann nicht jeder menschliche Hämo mithalten. Dies mag vielleicht daran liegen, daß wir menschlichen Hämos im Anschluß an den Aderlaß allenfalls eine Infusion vorgesetzt bekommen, aber keine leckere Fischmahlzeit. :ham :daumen

-*-

So viel für heute zu den Delphinen, ihrer nützlichen Insulinresistenz und Hämochromatose.
Auch andere Tierarten können Hämochromatose bekommen. Manche sind besonders gefährdet wie etwa Beos und Nilflughunde. Besonders Tiere in Gefangenschaft sind betroffen und erkranken bei hoher Eisenaufnahme durch die ihnen verabreichte Nahrung. Über die möglichen Ursachen dürfte wohl noch wenig bekannt sein, sicherlich spielen auch genetische Faktoren eine Rolle. Es müßte im Forum schon etwas zu Hämochromatose bei Tieren zu finden sein. :les :D
Lia geht jetzt mit Hund raus -der ist nicht insulinresistent, sondern horchresistent :mrgreen
--
Mehr zu Delphin-Diabetes,Eisenüberladung
und Quellennachweise-
deutsch
Diabetes-Forschung mit Delphinen- sehr zu empfehlen weil interessant!
http://www.sueddeutsche.de/wissen/842/504059/text/5/
Delphine-nichtmenschliche Personen
http://www.sueddeutsche.de/wissen/842/504059/text/
englisch
Big Brains and High-Protein Diets: An Evolutionary Advantage of Diabetes in Dolphins
http://nmmpfoundation.org/pressrelease.htm
Use of phlebotomy treatment in Atlantic bottlenose dolphins with iron overload
http://avmajournals.avma.org/doi/abs/10 ... .235.2.194
Dolphins offer clue for diabetes cure http://www.evri.com/media/article;jsess ... title=Evri
5Liver disorder kills dolphin at aquarium
http://articles.baltimoresun.com/1999-0 ... l-aquarium
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