Ferritinsenkung durch ACC?

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Konrad
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Ferritinsenkung durch ACC?

Beitrag von Konrad »

Hallo liebe Mutanten,

bin zur Zeit einem interessanten Effekt auf der Spur.
Mein vorletzter Aderlass fiel aus, da ich mir eine Grippe eingefangen hatte.
Beim letzten Aderlass wurde nun mein Ferritin getestet und wies einen ungewöhnlichen Abfall auf, etwa 150 unter dem prognostizierten Wert.
Nun rätsel ich, ob evtl. das ACC, das ich gegen den Husten genommen hatte, diese Senkung verursacht hat.
Ich weiß, daß L-Cystein ein Komplexbildner ist, den man u.a. bei Kupfervergiftungen einsetzt.
Ein Teil des Abfalls ist sicherlich auch durch den Schwungradeffekt der Ankurbelung der Erythropoese hervorgerufen, denn mein Hb-Wert ist in der AL-Pause über den normalen Wert angestiegen.
Wenn das ACC ein Quantum an Speichereisen binden konnte, ist natürlich die Frage, kann es das sicher halten oder wird das ein labiler Kandidat im NTBI-Pool?

Liebe Grüße,
Konrad
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Konrad
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Re: Ferritinsenkung durch ACC?

Beitrag von Konrad »

Hallo liebe Mutanten,

je mehr ich über die "Husten-Brause" (ACC oder N-Acetylcystein) lese, desto begeisteter bin ich.
ACC ist ein schwacher, aber gut verträglicher Chelator und wird in der Pädiatrie bei der neonatalen HC eingesetzt.
Es wird auch zur Leberentgiftung verwendet, u.a. bei Paracetamolvergiftungen.

Jetzt frage ich mich, warum verwendet man ACC nicht auch in der Erwachsenen-Medizin bei HC?
Reden die anderen Mediziner nicht mit Kinderärzten? :evil

Wenn man in 10 Tagen mit 3x200mg ACC täglich den Ferritinwert um 150ng/ml reduzieren kann, dann hat das den Gegenwert von 4-5 Aderlässen!
Als Ergänzung zur Aderlasstherapie könnte man die Therapiedauer verkürzen, evtl. in der Erhaltungsphase die Aderlässe komplett einsparen.
Ich werde jedenfalls mal weiter verfolgen, ob man mit ACC eine nachhaltige Ferritinsenkung erreichen kann.

Hat schon jemand Erfahrungen mit ACC gemacht?

Liebe Grüße,
Konrad
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Manes
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Re: Ferritinsenkung durch ACC?

Beitrag von Manes »

Konrad hat geschrieben: Hat schon jemand Erfahrungen mit ACC gemacht?

Liebe Grüße,
Konrad

Jo, ich, bin dann immer total verschleimt

lg

manni
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Konrad
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Re: Ferritinsenkung durch ACC?

Beitrag von Konrad »

Manes hat geschrieben: Jo, ich, bin dann immer total verschleimt
...dann kannste gut singen und Rotz haste auch... :mrgreen

Und was war mit dem Ferritinspiegel?
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dokanja
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Re: Ferritinsenkung durch ACC?

Beitrag von dokanja »

Was das ACC betrifft gehen in meinem "Umfeld" die Meinungen auseinander.
Mein Hausarzt hält es für ein Placebo und meint, dass allein die erhöhte Flüssigkeitszufuhr für die schleimlösende Wirkung verantwortlich ist.

Bei uns in der Klinik wird es allerdings fleissig verordnet, sobald ein Patient es mit einem Infekt der Luftwege zu tun hat. Soll es zur "Entgiftung" eingesetzt werden, dann allerdings immer nur I.V. ( per Infusion ). Erhöhte Nierenwerte können deutlich gesenkt werden. Wie es auf die Leber wirkt, weiss ich nicht.

Werde versuchen genauere Infos zu bekommen, wenngleich ich immer wieder feststelle, dass selbst die Ärzte oftmals nicht ALLE Zusammenhänge kennen.

LG

Anja
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Konrad
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Re: Ferritinsenkung durch ACC?

Beitrag von Konrad »

dokanja hat geschrieben:Was das ACC betrifft gehen in meinem "Umfeld" die Meinungen auseinander.
Mein Hausarzt hält es für ein Placebo und meint, dass allein die erhöhte Flüssigkeitszufuhr für die schleimlösende Wirkung verantwortlich ist.
Ja, die Wirksamkeit bei einer Bronchitis wird von manchen Ärzten bezweifelt, bei Mukoviszidose scheint dies aber nicht der Fall zu sein.
Wobei die schleimlösende Wirkung beim Einsatz als Chelator keine Rolle spielt.
Die Maus-Versuche bei Malaria, bei denen die leberschützende Wirkung von ACC vor den Auswirkungen der infektionsbedingten Hämolyse nachgewiesen wurde, zeigt m.E. das Potential als Eisen-Chelator.
http://www.wissenschaft.de/wissenschaft ... 06399.html
Werde versuchen genauere Infos zu bekommen, wenngleich ich immer wieder feststelle, dass selbst die Ärzte oftmals nicht ALLE Zusammenhänge kennen.
Prima. :daumen
Bin gespannt, ob es noch weitere Indizien für den Einsatz bei der HC gibt.

Liebe Grüße,
Konrad
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Lia
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Re: Ferritinsenkung durch ACC?

Beitrag von Lia »

Hat schon jemand Erfahrungen mit ACC gemacht?
Hallo Konrad,
nur Erfahrung als Schleimlöser -es schmeckte glaub ich nicht doll :ham . Aufs Ferritin schaute ich damals nicht. Als am Freitag das Forumstreffen ohne mich stattfand :heul , wollte ich halbwegs fit die Zeit dem Forum widmen und habe Suchmaschinen zu N-Acethylcystein bemüht.
Vorsicht ist ein langer Beitrag geworden- bitte um Nachsicht...

Schleimlöser
Als Schleimlöser ist die Wirksamkeit umstritten, wie Dokanja schon schrieb.
Helios-Klinikum Erfurt sagt:"Wir wenden ACC nicht als Mukolytikum an, da die Mehrzahl und evidenten Studien, allen voran die BRONCUS TRIAL Studie darstellten, das ACC die von ihm erwarteten Wirkungen in der klinischen Praxis nicht erfüllt." Quelle http://www.helios-kliniken.de/klinik/er ... t-acc.html

Ferritin- Abfall bei Hämochromatose
Das Serumferritin sinkt bei der Aderlasstherapie nicht linear bei jedem Aderlass ab, sondern kann zwischendurch sogar ansteigen.
Serumferritin kann bzgl Anzeige der Eisenspeicher durch verschiedene Faktoren falsch hoch ausfallen (z.B. bei vorhandenem Leberschaden, Infekt, Entzündung). Auch ganz ohne Aderlass kann es bei Hämochromatose-Betroffenen zu einem Abfall des Serumferritins auf dem Laborzettel kommen, ohne dass das niedrigere Serumferritin definitiv auf eine Reduktion des Lebereisens zurückführen wäre.
Und Dein letzter Aderlass war wahrscheinlich noch nicht lange her- daher gesteigerte Butneubildung.

N-Acethylcystein als Eisenchelator
Auch wenn N-Acetylcystein (Abk. NAC) ein Chelatbildner ist und bei anderen Schwermetallen wie Chrom und Cadmium sehr wirksam ist, NAC ist kein potenter Chelator für Eisen. Ansonsten gäbe es Grund zum Jubeln: aufgrund des geringeren Nebenwirkungsspektrums und der niedrigeren Kosten würde er die drei in Deutschland gegen Eisenüberladung zugelassenen Medikamente wie z.B. Deferasirox ablösen und erst recht das aufwendige Deferoxamin, das nicht oral gegeben werden kann.
Alle drei dieser Eisenchelatbildner sind weniger wirksam als Aderlässe.
Wenn N-Acetylcystein einen Ferritin-Abfall von 150 ng/ml allein verursachen könnte, wäre das während Deines Infekts eingenommene NAC sehr viel wirksamer gewesen als alle für Eisenüberladung zugelassenen Medikamente und fünf Mal wirksamer als ein Aderlass a 500 ml, bei dem über den Daumen gepeilt das Ferritin um 30 ng/ml fällt. Ich halte es aber für möglich, dass NAC einer von mehreren Faktoren für gesunkenes Serumferritin sein könnte.
Jetzt frage ich mich, warum verwendet man ACC nicht auch in der Erwachsenen-Medizin bei HC? Reden die anderen Mediziner nicht mit Kinderärzten? :evil
Bei neonataler Hämochromatose, einer zumeist tödlich verlaufenden, nicht erblichen Eisenüberladung des Neugeborenen, gehört dieses starke Antioxidans zur Therapie.
Da die Möglichkeiten der Therapie erwachsener Hämochromatosepatienten bei weitem effektiver sind als die Therapieoptionen, die man bei dem schwerstkranken Babys bei neonataler Hämochromatose hat, würde ich diesen Vorwurf nicht unterstellen. (Vorsicht :D, wir haben Kinderärzte hier im Forum :mrgreen )
Zumal NAC meines Wissens durchaus bei Lebererkrankungen des erwachsenen Patienten zum Einsatz kommt. Immer dann, wenn man eine antioxidative Therapie u.a. auch mit Vitamin E anbietet und/oder wenig durchschlagskräftige Therapiemöglichkeiten hat.

Die Aderlässe sind eine hocheffektive Therapie, um den Eisenschuss- die Wurzel des Übels- zu entfernen. Diverse Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Häufigkeit von Aderlässen durch bestimmte Stoffe (etwas) reduziert werden kann. Untersuchungen gibt es z.B. zu Schwarztee, dem Magenmedikament Pantoprazol und dem Silybin der Mariendistel, die bei Lebererkrankungen eigesetzt wird. ( Zu Silybin schreibe ich demnächst. )

Die Studienlage ist dürftig, folgendes habe ich gefunden:

NAC und Eisen
1.Studie mit akut eisenüberladenen Ratten
Bei einer Untersuchung zu eisenbedingten Schäden an Herz und Leber waren bei akut eisenüberladenen Ratten die Zeichen für Gewebeschäden wie Serum-LDH, Aktivität von ALT und AST (Leberenzyme), MDA Gehalt in Herz und Leber und Stress-Spiegel im endoplasmatischen Retikulum allesamt erhöht.
NAC (150 mg/kg, s.c.) erniedrigte die Werte dieser Parameter bei akut eisenüberladenen Ratten.
Zitat "Serum LDH, ALT and AST activity, MDA content in the heart and liver and levels of ER stress markers were all increased in acute iron-loaded rats. N-Acetylcysteine (150 mg/kg, s.c.) lowered the levels of these parameters in acute iron-loaded rats."
Wenn ichs recht gelesen hab,gab es auch Untersuchungen mit Ratten, die eine chronische Eisenvergiftung hatten. (Unsere HFE Hämochromatose ist auch eine chronische Eisenvergiftung und nicht eine akute Eisenvergiftung mit einer Einmaldosis.) Ob bei chronischer Eisenüberladung NAC wirksam sein könnte, steht bei dem mir vorliegenden Abstract leider nicht-Quelle http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19594550 (Volltext nicht frei)

2.
Molecular Pharmacology of the Interaction of Anthracyclines with Iron
Anthracykline wie Doxorubicin sind Antibiotika, die bei der Tumortherapie zum Einsatz kommen. In hohen Dosen kann es zu einer Herzmuskelentzündung kommen. Anthracycline interagieren mit Eisen: Einerseits fördert Eisenüberladung eine durch Anthracyclin induzierte Zellschädigung und andererseits kann eine durch Anthracyclin induzierte Herzmuskelentzündung mit Eisenchelatoren wie z.B. Deferoxamin gebessert werden.
Bei der Interaktion von Anthracyclinen mit Eisen könnte der Radikalfänger NAC der gesteigerten ROS-Produktion und Ferritinakkumulation vorbeugen, steht in dieser Untersuchung.
"Further experiments revealed that the ROS scavenger N-acetylcysteine could prevent enhanced ROS production and ferritin accumulation after doxorubicin treatment."
Quelle http://molpharm.aspetjournals.org/conte ... l.pdf+html
(free full text)

NAC bei Lebererkrankungen

1.Nichtalkoholische Fettlebererkrankung
In diesem Skript der Uniklinik Heidelberg von 2002 empfiehlt Stremmel u.a. bei nIcht alkoholischen Fettlebererkrankungen Fettleber/NASH die Einnahme von NAC als Antioxidans:
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/u ... skript.pdf

2. Hepatitis C
In einer Studie mit Hepatitis-C Patienten bewirkte die tägliche Gabe von 600 mg NAC eine bessere Effektivität der Interferontherapie, eine andere Studie bestätigte dies allerdings nicht.
Ungeachtet dessen schützt NAC gegen schädliche oxidative Prozesse von Immun-Faktoren (Cytokine und Chemokine), die in der Leber als Reaktion auf Schwermetallbelastung freigesetzt werden.
Zitat"In a study of people with hepatitis C, 600 mg daily of NAC enhanced the effectiveness of interferon therapy. However, another study did not confirm this finding. Regardless, NAC protects against damaging oxidant-producing immune factors called cytokines and chemokines released in the liver in response to heavy-metal exposure. "
Quelle http://www.chiro.org/nutrition/FULL/Can ... nted.shtml

3. Transplantfreies Überleben bei Leberversagen
Einer Studie zufolge könnte N-Acetylcystein auch bei Leberversagen, welches nicht durch Paracetamol hervorgerufen ist, das transplantfreie Überleben verbessern.
Zitat: "...war das transplantfreie Überleben signifikant in jener Gruppe besser, die N-Acetylcystein erhielt (40%) als jene Gruppe, die Placebo erhielt (27%).
Auffallend ist, dass dieser Effekt vor allem bei jenen Patienten ausschlaggebend war, die lediglich eine milde hepatische Enzephalopathie (HE Grad I bis II) hatten. In dieser Subgruppe überlebten ohne Transplantation 52% der Patienten, die N-Acetylcystein bekamen, während lediglich 30% der Patienten in der Placebo-Gruppe ohne Transplantation überlebten."
(...)
"Insgesamt war die Notwendigkeit einer akuten Transplantation geringer in der N-Acetylcystein-Gruppe als in der Placebo-Gruppe (32% versus 45%). Dies bedeutet, dass Patienten mit hepatischer Enzephalopathie Grad I bis II um den Faktor 2,5 häufiger überleben, wenn sie N-Acetylcystein bekommen als Patienten in der Placebo-Gruppe. Darüber hinaus war bei Patienten, die N-Acetylcystein erhielten, die Spitalsliegedauer deutlich kürzer (9 versus 13 Tage). Schwerwiegende Nebenwirkungen durch die Therapie wurden nicht festgestellt, lediglich Übelkeit und Erbrechen trat mit 24% signifikant häufiger auf"...
Quelle +Kontaktadresse zum Autor des Textes Studien-Abstract (engl.) und deutscher Kommentar: http://www.medicom.cc/medicom-en/inhalt ... rsagen.php

4. Porphyria cutanea tarda
Bei Porphyria cutanea tarda, einer Erkrankung, bei der es u.a. auch zu Eisenüberladung kommt: scheint der Nutzen fraglich.
"N -acetylcysteine has been used, but the efficacy is questionable. Studies have used N -acetylcysteine in PCT elicited by HIV, HCV, and hemodialysis with some benefit"
Quelle http://emedicine.medscape.com/article/957765-treatment
Man könnte mal bei PCT-Patienten nachfragen, die NAC erhielten, ob sie als Begleiteffekt eine Eisenreduktion zu verzeichnen konnten... :wink:

Kritische Anmerkungen
-Nicht alles, was mir als Laien auf den ersten Blick hilfreich erscheint, bringt sicheren Nutzen.
Die hochdosierte Einnahme eines einzelnen starken Antioxidans könnte das Gleichgewicht zwischen Oxidanzien und Antioxidanzien gefährden und damit potentiell in hohen Dosen sogar schaden?
-Studien: Die Studienlage ist dürftig. Und viele Untersuchungen werden nur in vitro gemacht, also nicht am lebenden Organismus. In manchen Studien gezeigte Wirkungen zeigen sich erst bei hohen Dosen NAC, man müsste dann unrealistische Mengen ACC einnehmen, um den gezeigten Nutzen zu erzielen.
-Unerwünschte Nebenwirkungen sind wie bei allen Medikamenten möglich, wenn auch ACC nebenwirkungsarm ist (zumindest oral in üblichen Dosierungen)
-NAC wird nicht nur in der Sportlerszene, sondern auch in nicht immer seriösen Gesundheitskreisen als Wunderwaffe gepriesen (und sicher geht das nicht gegen Herstellerinteresse).


Kurzum:
Finde Deine Idee sehr interessant. :nick Wäre meiner Ansicht nach eine Studie wert:
:daumen : Bringt NAC bei Hämochromatose-Patienten einen Nutzen für Eisenstatus und Leber?
Klar, niemand sollte sich jetzt Mengen von NAC reinschmeißen....sowieso alles immer mit dem Arzt absprechen. Der Aderlass ist DIE Therapie.
Bei schwerstkranken Hämochromatotikern, bei denen Aderlässe und die bekannten wirksamen Eisenchelatoren gesundheitlich nicht möglich sind, könnten neben entsprechender Ernährung gut verträgliche Mittel wie NAC und Sylibin womöglich wenigstens etwas die weitere Eisenüberladung verlangsamen und einen positiven Effekt auf die Leber haben. Eher ein Tropfen auf den heißen Stein, aber besser als gar nichts.

Liebe Grüße und danke, wer sich bis hierhin durchgelesen hat.

Lia
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Konrad
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Re: Ferritinsenkung durch ACC?

Beitrag von Konrad »

Hallo Lia,
herzlichen Dank für deinen ausführlichen Beitrag trotz infektionsgeschwächter Konstitution. :blumen
Hatte auch mal eine Begegnung mit dem Noro-Virus, ausgesprochen unangenehm,
zumal der Kerl das Wort "leer" überhaupt nicht verstand. :kap
Lia hat geschrieben:Vorsicht ist ein langer Beitrag geworden- bitte um Nachsicht...
Da hast du uns ja einen ganz schönen Haufen zum Lesen über den Zaun geworfen. :applaus
Schade allerdings, daß du gar nichts zu der Malaria-Studie geschrieben hast, die ich besonders interessant fand, da es hier um die Bindung von durch Hämolyse frei werdenden Eisen ging.
Habe auch wie du nur sehr wenig zum Einsatz von ACC im Zusammenhang mit Eisen gefunden.
Allerdings scheint es so etwas wie eine Renaissance des Wirkstoffes in neuen Anwendungsfeldern zu geben.
http://www.pharmazeutische-zeitung.de/i ... p?id=35445
Ferritin- Abfall bei Hämochromatose
Das Serumferritin sinkt bei der Aderlasstherapie nicht linear bei jedem Aderlass ab, sondern kann zwischendurch sogar ansteigen.
Serumferritin kann bzgl Anzeige der Eisenspeicher durch verschiedene Faktoren falsch hoch ausfallen (z.B. bei vorhandenem Leberschaden, Infekt, Entzündung). Auch ganz ohne Aderlass kann es bei Hämochromatose-Betroffenen zu einem Abfall des Serumferritins auf dem Laborzettel kommen, ohne dass das niedrigere Serumferritin definitiv auf eine Reduktion des Lebereisens zurückführen wäre.
Und Dein letzter Aderlass war wahrscheinlich noch nicht lange her- daher gesteigerte Butneubildung.
Tja, ist die Ferritinsenkung auf ACC zurückzuführen?
Da bin ich im Moment natürlich auch ganz unsicher, da ich keine Erfahrungen habe, wie sprunghaft sich der Ferritinspiegel beim AL verhalten kann.
Ich hatte aus den gelesenen Berichten des Forums den Eindruck, daß meistens eine nicht einkalkulierte Entzündung den Wert erhöht bzw. bei Ausheilung erniedrigt hat.

Meine Aderlässe haben vor der Grippe zu einer relativ gleichmäßigen Ferritinsenkung von ca. 40ng/ml pro AL geführt.
Im Vorfeld war keine Entzündung bekannt (CRP negativ) und die Speichereisenbestimmung passte genau zum Ferritinwert.
Daher meine Vermutung, die Senkung müsse auf das ACC zurückzuführen sein.
Ich vermute, daß mein Körper im Rahmen der Infektabwehr einen erhöhten NTBI-Anteil mobilisiert hat, der vom ACC gebunden wurde.
Aus den recherchierten Eigenschaften von ACC heraus, scheint mir die Vermutung nicht ganz unplausibel.
Trotzdem könnte es natürlich auch z.B. einfach ein Laborfehler sein.
Ich bin auf die nächsten Blutwerte gespannt.
N-Acethylcystein als Eisenchelator
Auch wenn N-Acetylcystein (Abk. NAC) ein Chelatbildner ist und bei anderen Schwermetallen wie Chrom und Cadmium sehr wirksam ist, NAC ist kein potenter Chelator für Eisen. Ansonsten gäbe es Grund zum Jubeln: aufgrund des geringeren Nebenwirkungsspektrums und der niedrigeren Kosten würde er die drei in Deutschland gegen Eisenüberladung zugelassenen Medikamente wie z.B. Deferasirox ablösen und erst recht das aufwendige Deferoxamin, das nicht oral gegeben werden kann.
Alle drei dieser Eisenchelatbildner sind weniger wirksam als Aderlässe.
Wenn N-Acetylcystein einen Ferritin-Abfall von 150 ng/ml allein verursachen könnte, wäre das während Deines Infekts eingenommene NAC sehr viel wirksamer gewesen als alle für Eisenüberladung zugelassenen Medikamente und fünf Mal wirksamer als ein Aderlass a 500 ml, bei dem über den Daumen gepeilt das Ferritin um 30 ng/ml fällt. Ich halte es aber für möglich, dass NAC einer von mehreren Faktoren für gesunkenes Serumferritin sein könnte.
Interessanterweise ist ACC Bestandteil des Medikamentencocktails für die neonatale HC, obwohl doch der potentere Eisen-Chelator Deferoxamin mit dabei ist.
Dazu schreibt Maika im Thread http://www.haemochromatose-forum.de/for ... =19&t=2014, daß ACC essentiell für die Ferritinsenkung war.
Je mehr ich über ACC lese, desto mehr habe ich den Eindruck, daß die Wirkmechanismen noch nicht richtig geklärt sind.
Vermutlich spielt die HO-Aktivierung da eine Rolle.
(Vorsicht :D, wir haben Kinderärzte hier im Forum :mrgreen )
Ich wollte mit meiner Bemerkung Kinderärzten keineswegs am Zeug flicken, ganz im Gegenteil. :winke
Mache momentan die Erfahrung, daß die Ärzte immer schmalbandiger werden und der Austausch mit Kollegen aus anderen Fachgebieten nur sehr begrenzt stattfindet.
Die Aderlässe sind eine hocheffektive Therapie, um den Eisenschuss- die Wurzel des Übels- zu entfernen. Diverse Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Häufigkeit von Aderlässen durch bestimmte Stoffe (etwas) reduziert werden kann. Untersuchungen gibt es z.B. zu Schwarztee, dem Magenmedikament Pantoprazol und dem Sylibin der Mariendistel, die bei Lebererkrankungen eigesetzt wird. ( Zu Sylibin schreibe ich demnächst. )
Da freue ich mich drauf, denn ich habe kürzlich einen Artikel gelesen, in dem vor der Einnahme von Mariendistel bei HC gewarnt wird.
Ich glaube, da ist die Aktenlage ähnlich unübersichtlich wie bei Vitamin C.
Kurzum:
Finde Deine Idee sehr interessant. :nick Wäre meiner Ansicht nach eine Studie wert:
:daumen : Bringt NAC bei Hämochromatose-Patienten einen Nutzen für Eisenstatus und Leber?
Klar, niemand sollte sich jetzt Mengen von NAC reinschmeißen....sowieso alles immer mit dem Arzt absprechen. Der Aderlass ist DIE Therapie.
Bei schwerstkranken Hämochromatotikern, bei denen Aderlässe und die bekannten wirksamen Eisenchelatoren gesundheitlich nicht möglich sind, könnten neben entsprechender Ernährung gut verträgliche Mittel wie NAC und Sylibin womöglich wenigstens etwas die weitere Eisenüberladung verlangsamen und einen positiven Effekt auf die Leber haben. Eher ein Tropfen auf den heißen Stein, aber besser als gar nichts.
Ich sehe ACC auch eher als Ergänzung zum Aderlass, denn als eigenständige Therapie.
Glaube auch nicht, daß ACC selbstständig Eisen aus den Ferritinspeicher herauslösen kann.
Aber selbst wenn ACC nur die NTBI-Anteile aufsammeln kann, würde ich dies als Verbesserung der AL-Therapie sehen.
So, und jetzt muß ich erst mal deine recherchierten Quellen lesen. :nick

Liebe Grüße,
Konrad
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Re: Ferritinsenkung durch ACC?

Beitrag von Konrad »

Liebe Mutanten,

kurzer Bericht von der ACC-Front.
Die letzte Ferritinsenkung war nachhaltig, also kein Laborfehler.
Ich habe nach dem Ausheilen meiner Grippe den ACC-Konsum auf 200mg/Tag gedrosselt.
Dementsprechend war die Ferritinabsenkung diesmal geringer, aber immerhin noch ca. 40ng/ml unter dem prognostizierten Wert.
Ich werde nun den ACC-Konsum einstellen und bin schon sehr gespannt, wo der nächste Ferritinwert liegen wird.
Es werden noch Wetten angenommen. 8)

Liebe Grüße,
Konrad
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Re: Ferritinsenkung durch ACC?

Beitrag von Kunozerus »

Hallo Konrad,

wird bei dir neben dem Ferritin auch die tatsächliche Lebereisenmenge regelmäßig kontrolliert?

Hintergrund meiner Frage ist, dass bei mir das Lebereisen langsam weniger wird, der Ferritinwert allerdings "wie angetackert" bei um und bei 800 bleibt (wo er schon immer lag). Ein sich verändernder Ferritinwert hätte deshalb bei mir vermutlich nur wenig Aussagekraft.

:winke
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Liebe Grüße von Caro
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Re: Ferritinsenkung durch ACC?

Beitrag von Konrad »

Hallo Caro,

du sprichst hier ein leidiges Problem an, mit dem wohl alle HC-Patienten zu kämpfen haben, nämlich daß der Ferritinwert ein unsicherer Speichereisenindikator ist.
Leider haben wir in München kein Biomagnetometer, so daß ich mich für einen Lebereisenwert stechen lassen müßte, was ich nicht möchte.
Habe daher mit der quantitativen MRT-Lebereisenbestimmung versucht, einen Abgleich zwischen Ferritinwert und Lebereisenwert herzustellen.
Ferritin: 614 ng/ml
HIC: 70 mikromol bzw. 3,9 mg Eisen pro g Lebergewebe (Trockengewicht)
Leider ist der HIC-Wert (Hepatic Iron Concentration), den mir das Klinikum rechts der Isar geliefert hat, viel zu ungenau (±30 mikromol/g), eine bessere Hausnummer.
Daher habe ich also auch das Problem, daß ich meinen tatsächlichen Speichereisenstatus nicht wirklich kenne.

Daß man, selbst wenn man einen genaueren HIC-Wert hätte, daraus nicht die Zahl der nötigen Aderlässe ableiten kann, zeigt diese Studie:
http://www.nature.com/ajg/journal/v93/n ... 98718a.pdf

Man müßte also eigentlich ständig Messungen mit dem Biomagnetometer machen, um eine einigermaßen sichere Rückmeldung über den tatsächlichen Speichereisenstatus zu haben.

Ein anderer Ansatz könnte evtl. sein, daß man versucht, den Punkt zu messen, wenn die Erythropoese eisendefizient wird.
Dazu könnte man Anämie-Indikatoren wie Zinkprotoporphyrin (ZnPP) oder den löslichen Transferrinrezeptor (sTfR) verwenden.

Liebe Grüße,
Konrad
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Re: Ferritinsenkung durch ACC?

Beitrag von Kunozerus »

Ah, danke!

Zum Glück für mich werde ich routinemäßig unter das Biomagnetometer und in die Röhre gelegt ("spannender Fall" für die Forschung :wink: ).

:winke
Das Leben ist gar nicht so. Es ist ganz anders!

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Re: Ferritinsenkung durch ACC?

Beitrag von Konrad »

Kunozerus hat geschrieben:Zum Glück für mich werde ich routinemäßig unter das Biomagnetometer und in die Röhre gelegt ("spannender Fall" für die Forschung :wink: ).
Was gibt denn Prof.Nielsen für einen Unsicherheitsbereich für deinen Lebereisenwert an?
Hoffentlich ist er genauer als meine MRT-Hausnummer. :gruebel
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Re: Ferritinsenkung durch ACC?

Beitrag von Kunozerus »

Konrad hat geschrieben:
Kunozerus hat geschrieben:Zum Glück für mich werde ich routinemäßig unter das Biomagnetometer und in die Röhre gelegt ("spannender Fall" für die Forschung :wink: ).
Was gibt denn Prof.Nielsen für einen Unsicherheitsbereich für deinen Lebereisenwert an?
Hoffentlich ist er genauer als meine MRT-Hausnummer. :gruebel
:( Da fragst du die Richtige! Ich kann mir ja keine Zahlen merken..., aber ich frage ihn nächste Woche gerne mal!

:winke
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Re: Ferritinsenkung durch ACC?

Beitrag von Konrad »

Kunozerus hat geschrieben:.., aber ich frage ihn nächste Woche gerne mal!
Caro, das wäre super. :daumen
Frage ihn auch mal, ob eine quantitative MRT-Lebereisenanalyse nach der Methode Ives Gandon (T2*-Sequenz) immer ein derart großes Fehlerintervall hätte (70±30 mikromol/g).
Ich vermute nämlich, daß die Radiologie hier in München die Sache einfach verbockt hat. :(

LG, Konrad
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