Hallo Walburga,
nun meld ich mich auch noch dazu.
Vorsicht lang. Vorab paar Fragen:
-Was hast Du denn für Gelenkschmerzen? Eher entzündlich, heiß geschwollen? Was sagt Dein Doc?
Hat er was von Chondrokalzinose gesagt? Die HH-Arthropathie kann manchmal in Form einer Chondrokalzinose auftreten. Mehr zu Chondrokalzinose, einer Gelenkerkrankung, bei der sich Kristalle aus Kalziumpyrophosphat in den Gelenken ablagern:
http://www.onmeda.de/krankheiten/chondr ... 050-2.html
-Wurde eine entzündl. rheum. Autoimmunerkrankung (rheumatoide Arthritis u.a.) durch Blutuntersuchungen etc. ausgeschlossen ? Liegt definitiv keine (z.B. zusätzliche) entzündlich-rheumatische Autoimmunerkrankung vor, sondern "nur" die HH-Arthropathie?
-Wie wird derzeit behandelt? Nur Medikamente oder auch Physiotherapie?
Kann Dir nicht direkt weiterhelfen. Habe einige allgemeine Hintergrund-Infos zusammengestellt, auch für Mitlesende. Evtl kennst Du das alles schon, was ich schreibe, da Du ja sehr konkrete Fragen gestellt hast, die ich Dir leider nicht beantworten kann.
Zum rheumatischen Formenkreis zählen viele verschiedene Krankheitsbilder mit unterschiedlichen Ursachen. Dazu gehören neben entzündlichem "Rheuma" und degenerativen Arthrosen auch die metabolisch bedingten Arthropathien= Arthropathien bei Stoffwechselerkrankungen: u.a. Gicht und die HH-Arthropathie.
Die HH-Arthropathie wird anders behandelt als die entzündlich-rheumatischen Autoimmunerkrankungen (Rheumatoide Arthritis, Psoriasis-Arthropathie usw.)
Bei entzündlich-rheumatischen Autoimmunerkrankungen kommen mehrere verschiedene Medikamentengruppen zum Einsatz: Cortison, cortisonfreie Entzündungshemmer wie Diclofenac und die sogenannten Basismedikamente. Diesen Basismedikamenten, langwirksamen Antirheumatika, kommt eine wichtige Rolle bei der Behandlung von entz.-rheum. Autoimmunerkrankungen zu.
Die medikamentöse Therapie der HH-Arthropathie beschränkt sich hingegen auf Schmerzmittel, nichtsteroidale Entzündungshemmer (NSAR) und Cortisonspritzen ins Gelenk (intraartikuläre Steroidinjektionen). Eine große Rolle bei der Therapie spielen Physiotherapie, gelenkschonende Bewegung und operative Maßnahmen.
In diesem Artikel Arthritis Care & Research Vol. 64, No. 1, January 2012, pp 9–14 © 2012,
American College of Rheumatology: Characteristics of the Arthropathy Described in Hereditary Hemochromatosis, G. J. CARROLL et al.
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1 ... .20501/pdf steht zusammengefasst:
Analgetika, Nichtsteroidale Entzündungshemmer und COX2-Hemmer bringen nur symptomatische Besserung, aber sie können wohl nicht in das Krankheitsgeschehen selbst angreifen. Keinen offensichtlichen Erfolg zeigt der Einsatz von nichtbiologischen Antirheumatika (= langwirksame Antirheumatika, die keine sogenannten Biologicals sind. Biologicals, sog.TNF-alpha-Blocker, sind Medikamente, die direkt in das Krankheitsgeschehen der entzündlich-rheumatischen Autoimmunerkrankung eingreifen.)
Intraartikuläre Steroidgaben, =Cortisonspritzen ins Gelenk, können zeitweise helfen, sind aber generell ohne voraussagbar sicheren Nutzen. Weiter wird berichtet, dass den Verfassern keine publizierten Studien zu den Effekten einer Therapie mit Biologicals bekannt ist.
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Chondrokalzinose
Manche Betroffene mit Hämochromatose-Arthropathie weisen eine spezielle Form auf, eine Chondrokalzinose.
(ca .5-30% laut Rihl,Kellner: Die Arthropathie der Hämochromatose, 2003)
Bei schwer beherrschbarer Chondrokalzinose kommen gegenüber der "normalen" Hh-Arthropathie zusätzlich weitere Medikamente in Betracht. In diesem Artikel "Die Arthropathie der Hämochromatose" von Rihl,Kellner, 2003, steht:
"Bei rezidivierenden Pseudogichtanfällen besteht die Möglichkeit einer niedrig dosierten oralen Colchicin-Prophylaxe (z.B. 0,6–1,2 mg/d bei normaler Nierenfunktion).
Eine weitere therapeutische Option ist die Magnesium-Supplementation (z.B. 30 mval/d)"
Zur Therapie der Chondrokalzinose siehe auch diesen ebenfalls älteren Artikel zu Colchicin und Magnesium, der neben der intraartikulären Gabe von Steroiden auch die systemische Gabe von Steroiden als Therapieoption nennt:
http://www.medicalforum.ch/pdf/pdf_d/20 ... 39-462.PDF
Noch ein Artikel zur medikamentösen Therapie bei Chondrokalzinose:
http://dgrh.de/qualitaetsmanual5524.html
In der Literatur wird ein versuchsweiser Einsatz von weiteren Medikamenten gegen die entzündlichen Attacken beschrieben, wenn bei einer Chondrokalzinose die sonstige Therapie keinen Erfolg bringt:
Methotrexat und Hydroxylchloroquin
http://www.rheumatology.org/Practice/Cl ... dogout%29/ (engl.)
http://www.springermedizin.de/diagnose- ... 45880.html (dt.)
http://www.rheuma-online.de/a-z/c/chondrokalzinose.html (dt.)
Studie, veröffentlicht in 2007 mit Ergebnis, Methotrexat könnte bei schwerer Chondrokalzinose, bei denen andere Therapien nicht geholfen haben, eine wertvolle Therapieoption sein:
ARTHRITIS & RHEUMATISM Vol. 56, No. 2, February 2007, pp 688–692
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1 ... .22389/pdf (engl.)
Kommentar, der Enthusiasmus sei verfrüht, 2008:
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1 ... 23552/full (engl.)
Bei Sulfasalazin bin ich bzgl HH-Arthropathie und Chondrokalzinose nicht fündig geworden und habe bislang auch noch nicht gehört, dass Therapieversuche mit Sulfasalazin unternommen wurden. Aber bin da evtl nicht ganz up to date.
Leberschädlichkeit von Rheumamedikamenten - Nutzen und Risiko-Abwägung
Sulfasalazin ist für Patienten mit vorbestehenden Lebererkrankungen weniger problematisch wie Methotrexat (Abk.: MTX). Dennoch muss auch bei Sulfasalazin sorgfältig Nutzen und Risiko abgewogen werden. Bei höhergradigen Leberfunktionsstörungen darf auch Sulfasalazin nicht gegeben werden.
MTX ist potentiell leberschädlich. Daher muss die Leberfunktion überwacht werden. MTX sollte bei vorbestehenden Lebererkrankungen nicht gegeben werden.(Quellen: u.a.Infos auf rheuma-online.de Dr. Langer)
Zu Rheumamedikamenten und Leberschädigung schreiben Dr. Chr. Wiegard, Prof. Dr. A. W. Lohse, Medizinische Klinik und Poliklinik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf in dieser CME-Fortbildung,CME 2007 · 4(1): 51–57 Springer Medizin Verlag 2007
"Praxisrelevante Beziehungen zwischen Leber- und Rheumaerkrankungen":
Zitat:
"Auch systemische Immunsuppressiva können Nebenwirkungen hervorrufen. Sie induzieren einen eher immunologisch vermittelten Zellschaden und haben somit eine kaum vorhersehbare Auswirkung auf die Leber. Die Entwicklung einer progredienten Leberfibrose unter Methotrexattherapie ist zwar selten, aber gefürchtet. Da sie auch ohne wesentliche Veränderung der Leberwerte fortschreiten kann, ist die Labordiagnostik nicht zuverlässig. Eine Methotrexat-bedingte Leberzirrhose entsteht vor allem bei einer bestehenden zweiten Lebererkrankung."
Quelle:
http://cme.springer.de/pages/journalArt ... 215488.pdf?..
NSAR, Diclofenac
Nichtsteroidale Entzündungshemmer NSAR, v.a. Diclofenac stehen laut obengenannter Quelle als Auslöser einer medikamentös-toxischen Leberschädigung allerdings an erster Stelle, vor allem Diclofenac.
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Das wärs erstmal von mir.
Weiss nicht, wo Du in Behandlung bist. Wahrscheinlich in guten Händen. Evtl hilft zudem die Kontaktaufnahme oder Zweitmeinung eines speziell mit HH-Arthropathie besonders erfahrenen Rheumatologen, Deine Therapieoptionen auszuloten. Alles Gute!
Liebe Grüße
Lia