Hallo, nun also ausführlich
Ich gehe für heute abend nur mal auf die medizinischen Themen Aderlaß/Zirrhose/Diabetes ein, mehr zu anderen Themen evtl. später.
Nur soviel: es braucht seine Zeit, bis Du die letzten 4 Wochen und die sich überschlagenden folgenreichen Ereignisse verdaut haben wirst. Du und Deine Ärzte brauchen von Dir da wohl Geduld gegönnt, bis den Diagnosen die optimale Therapie folgt, sich alles einspielt und Du wieder Land siehst. Ich wünsche Dir, daß vor allem die schlimmen Schmerzen bald nachlassen.
Nun zu den einzelnen Punkten:
Kurz vorab noch zur Leberpunktion
Da hast Du wohl wirklich Pech gehabt, denn die meisten Betroffenen hier bringen die Leberpunktion gut und ohne größere Schmerzhaftigkeit hinter sich. (Dies ist mir wichtig zu sagen auch für die Mitlesenden, die vielleicht noch eine Leberpunktion vor sich haben.)
Aber Du hast es ja nun wenigstens rum, auch wenn das Ergebnis nicht erfreulich ist.
Zirrhose
Auch da meine Frage wie Manes: Welches Stadium?
Auch wenn eine Zirrhose irreversibel ist, also nicht mehr rückgängig zu machen ist, in jedem Fall wird Deiner Leber die Entfernung der überschüssigen Eisenspeicher guttun, da nun die Ursache für die Leberzirrhose beseitigt werden kann.
Wichtige Regeln, das weißt Du sicher, strikt keinen Alkohol und alles tun, was die Leber entlastet und alles lassen, was sie belasten könnte. Leider besteht auch bei entfernten überschüssigen Eisenreserven ein deutlich erhöhtes Risiko für Leberzellkrebs, daher wird in Zukunft in Abständen ein bestimmter Marker neben anderen Laborwerten mitkontrolliert.
Prof Dr. Claus Niederau, ein mit Hämochromatose erfahrener Arzt (und einer der Wenigen, die sachkundig, patientenverständlich und elegant zugleich schreiben können

) sagt zur Prognose aber auch etwas Positives:
"Auch Patienten mit Leberzirrhose haben von der Aderlasstherapie einen deutlichen Überlebensvorteil. Die Prognose einer Zirrhose bei Hämochromatose ist besser als bei vielen anderen Zirrhoseformen."
http://www.hepatitis-abc.de/Text%20-%20 ... derau.html
Diabetes
Personen, die an Hömochromatose in welcher Form auch immer erkrankt sind, haben die auch in den meisten Fällen Diabetes oder ist das eher nicht die Regel?
Der Diabetes mellitus Typ 3 H für die Mitlesenden zum besseren Verständnis: Diabetes mellitus, der mit einer genetischen Erkrankung z.B. Hämochromatose assoziiert ist. Man nimmt bei Dir also wohl an, daß der Diabetes mit Deiner genetischen Erkrankung in Verbindung steht.
Erworbene Eisenüberladung im Rahmen des sog. Metabolischen Syndroms ist mit Insulinresistenz assoziiert. Homozygotie C282Y ist jedoch nur in einer Studie von mehreren mit Diabetes mellitus Typ 2 in Verbindung gebracht worden. (Für Typ 1 gibt es nur eine Studie, die brachte eine Häufuung von C282Y Homozygoten bei dieser Erkrankung)
Bei Leberzirrhose ist das Auftreten eines Diabetes nicht selten.
Hier ein Link zu einem Artikel zur Behandlung des Diabetes bei zugleich bestehender Lebererkrankung
http://www.diabetes-deutschland.de/arch ... v_2631.htm
Aderlaßprozedur
Vakuumflaschen sind für die Aderlässe geeignet. Die Nadel sollte für Hämochromatosebetroffene nicht zu dick sein. Da das Blut nicht als Blutspende verwendet wird, also nicht "ungequetscht" durch dicke Nadeln muß, kann man eine dünnere Nadel als bei der Blutspende verwenden und sollte das auch, damit die Venen möglichst wenig Narben bilden, da Du dauerhaft aderlaßfähige Venen brauchst. Frage also gegebenenfalls nach einer etwas dünneren Nadel. Es sollte dem Grundsatz nach immer die dünnstmögliche Nadel genommen werden. (Kannst Du englisch? Es gibt eine sehr gute englische Seite zu Aderlaßthemen.
http://www.hemochromatosis.co.uk/tpph.html Irgendwann übersetze ich die Seite mal... Bei Fragen bitte melden)
Hb und Aderlässe
Er hält auch bei diesem HB-Wert ein Aussetzten vom AL ratsam. Er findet die Entnahmemenge von 500ml viel zu hoch und würde max. 300ml vorschlagen.
Eine Entnahmemenge von wöchentlich 500 ml pro Woche ist Standard. Hämos vertragen viel häufigere Aderlässe als der unmutierte Eisennormalo

aufgrund der überschüssig vorhandenen Eisenreserven.
Je hochgradiger die Eisenüberladung, umso mehr ist rasches und angemessenes Handeln geboten, Schaden zu minimieren oder zu stoppen, umso aggressiver muß die Aderlaßtherapie erfolgen. Jedoch hängt die Vorgehensweise immer von den individuellen konstitutionellen und gesundheitlichen Bedingungen ab. Bei einem HB von 10.7 wird auch der hämochromatose-erfahrendste Arzt, der sich normalerweise vor der Entnahmemenge 500 ml 1 mal oder sogar 2 mal die Woche nicht scheut, an eine weniger aggressive Aderlaßtherapie denken- Pausieren und/oder Strecken der Aderlaßintervalle und/oder weniger Entnahmemenge. Wobei jeder Mensch einen individuell unterschiedlichen Hb-"Wohlfühlbereich" hat, manch einer fühlt sich auch bei schon sehr niedrigem Hb noch wohl, während ein anderer Hämo das ganz schlecht verträgt. Ein deutlich zu niedriger Hb sollte vermieden werden.
Möchte Dir einige mögliche Strategien bei niedrigem Hb aufzeigen:
-Bei niedrigem Hb -Wert könnte zur besseren Blutneubildung
Vitamin B-Komplex/Folsäure gespritzt werden (habe z.B. ich bekommen)
Falls sich der Hb-Wert nicht schnell erholt:
-Es gäbe bei niedrigem HB, welcher ansonsten zu einem Aussetzen der Aderlässe zwingen würde, auch die Möglichkeit, bei hochgradiger Hämochromatose mit EPO (
Erythropoetin) zu arbeiten. Aufgrund möglicher Nebenwirkungen müssen Nutzen und Risiko abgewägt werden. Evtl kannst Du den Arzt Deines Vertrauens mal darauf ansprechen, ob dies bei Dir eine Behandlungsoption darstellen könnte. Bei Interesse gebe ich hierzu detailliertere Informationen, auch zu einem beschleunigten Eisenentzugsverfahren, welches in Kombination mit Epo meines Wissens zumindest von einer Praxis gemacht wird, der sog Erythrozytenapherese, welche in verschiedenen Kliniken angeboten wird, jedoch recht teuer ist und ohne Epo für Dich im Moment aufgrund des niedrigen Hbs nicht in Frage käme.
-Desweiteren könnte man als off-label Use bei dauerhaft niedrigem Hb eine Kombination mit einem
eisenchelatbildenden Medikament überlegen, welches sonst bei sekundärer Hämochromatose eingesetzt wird (z.B. Deferasirox). Da könnte allerdings die vorhandene Leberzirrhose aufgrund möglicher Medikamentenwirkung ein Veto setzen. Da kenne ich mich nicht so gut aus, weiß im Moment ohne weiteres Nachsehen nur, daß solche Medikamente lebertoxisch sein können. Edit: eben nachgesehen, der Hersteller von Deferasirox empfiehlt die Einnahme bei schwerer Leberfunktionsstörung nicht. Auch hier müßte Nutzen und Risiko einer solchen Behandlung gründlich abgewogen werden und man sollte mit solchen Medikamenten erfahrene Ärzte in solche Therapieüberlegungen miteinbeziehen. Es wäre aber eine vielleicht eine denkbarer Ansatz, zumal Studien zum Einsatz von Deferasirox bei HFE-Hämochromatose bereits laufen und ein anderes, allerdings komplizierteres Medikament bereits lange auf dem Markt ist und immer wieder auch bei nicht/schlecht aderlaßfähiger HFE-Hämochromatose zum Einsatz kommt.
Dies wären Themen, die Du mit Deinem behandelnden Arzt besprechen kannst.
Port
Ein Port kommt zwar bei dauerhaften Aderlaß-Problemen in Frage, aber da ist immer die Gefahr von Infektionen gegeben und das kommt wohl nur für Leute in Frage, die über einen längeren Zeitraum gravierende Probleme haben und eine normale Aderlaßtherapie nicht mehr durchführbar wäre. Meiner Forums- und eigener Erfahrung nach spielt eine entscheidende Rolle, WER da piekst, da gibt es höchst unterschiedliche -sagen wir mal- Begabungen

Man sollte also nicht Neulinge an sich heranlassen, sondern Leute mit
Erfahrung und Begabung. Einige schwierige Fälle entpuppten sich beim richtigen Piekser als durchaus aderlaßfähig. Machen die Aderlässe keine Probleme, wird die wöchentliche Prozedur schnell Routine.
Noch eine Frage zum Schluß: welche weiteren Untersuchungen wurden denn veranlasst- z.B. Kontrolle der Herzfunktion, Hormonstatus/Testosteron, das ist im Krankenhaus wohl bereits alles vorgenommen worden. Wenn Du magst, berichte mal (geg auch per PN), was getestet wurde.
Soweit für heute.
Alles Gute und liebe Grüße
Lia