Hallo Aby
Erstmal: Schön, daß es Deiner Tochter relativ gut geht und daß man nun vielleicht eine gute Spur hat und Citrullinämie Typ II eine mögliche Erklärung sein könnte.
Es gibt diverse neonatale Erkrankungen mit Eisenüberladung.(Mehr dazu unten) Die meisten Kinder sind dabei sehr sehr krank. Da ist es also wirklich gut, daß sich das Befinden Deiner Tochter da wesentlich unterscheidet.
Dies mag auch hinweisgebend für eine Diagnosefindung sein. Und ich drücke die Daumen, daß Ihr bald wißt, was los ist.
Es ist nicht außergewöhnlich, daß eine Diagnose nicht immer sofort gestellt werden kann. Man checkt erst mal nach häufigeren oder naheliegenden Erkrankungen ab und wenn Häufigeres ausgeschlossen wurde, sucht man nach außergewöhnlichen oder noch selteneren Erkrankungen.
Klar ist nach Biopsieergebnis, es liegt eine Schädigung des Lebergewebes vor und es liegt eine Eisenüberladung der Leber vor und zwar in zwei verschiedenen Zellarten der Leber: in den Leberzellen des Lebergewebes, sowie auch in den sogenannten Kupfferschen Sternzellen. Anhand der Verteilung des Lebereisens kann man gewisse Rückschlüsse in Richtung Ursache der Eisenüberladung ziehen.
Begriffsdefinition Hämochromatose, neonatale Hämochromatose
sorgt immer wieder für Verwirrung auch innerhalb der Ärzteschaft
Hämochromatose heißt eigentlich nur Eisenüberladung plus Gewebeschaden und sagt noch nichts über die Ursache der Eisenüberladung und zugrundeliegendem Defekt aus. (Meist meint man mit dem Begriff ungenauerweise aber die HFE-Hämochromatose)
Und neonatale Hämochromatose heißt eigentlich nur Eisenüberladung plus Gewebeschaden bei Neugeborenen (von "neonatal" = "neugeboren") und sagt auch noch nichts über die Ursache der neonatalen Eisenüberladung aus. Meist meint man mit dem Begriff aber eine Erkrankung noch nicht genau bekannter Ursache, bei der die Neugeborenen mit sehr schwerer Eisenüberladung, schwerem Leberschaden und meist todkrank und nur mit Lebertransplantation überlebensfähig sind. Man vermutet eine zugrunde liegende Alloimmunerkrankung.
Deine Ärzte schließen diese als "neonatale Hämochromatose" bezeichnete Form der Eisenüberladung und die HFE-Hämochromatose aus.
Dennoch hat Dein Kind Hämochromatose= Eisenüberladung plus Gewebeschaden, bzw eine Eisenüberladung plus Gewebeschaden des Neugeboreren, also nach Definition eine Form neonataler Hämochromatose.
(Manchmal wird der Begriff Hämochromatose auch gebraucht, um von anderem Typ Eisenüberladung abzugrenzen, was aber eigentlich nicht richtig ist. Dann wird Hämochromatose als Begriff für das Lebereisenverteilungsmuster bei HFE-Hämochromatose verwendet: Eisenüberladung vom Hämochromatosetyp (= Lebereisen hauptsächlich in den Hepatozyten) im Gegensatz zu Eisenüberladung bei sekundären Formen (Lebereisen in den Kupfferschen Sternzellen)
Ich hoffe, ich habe das jetzt verständlich genug erklärt, gerne nachfragen.

Wenn also die Ärztin HC bzw Hämochromatose sagt, dann meint sie damit: es liegt eine Eisenüberladung plus Gewebeschaden vor.
Ich schreibe mal, was mir als Laie und als Hintergrundinfo einfällt, warum die Ärzte HFE-Hämochromatose und die oben genannte "neonatale Hämochromatose" ausschließen, die ärztlich relevanten Auskünfte können natürlich nur die dortigen Ärzte geben.
Keine HFE-Hämochromatose
-HFE-Mutationen in üblicher Konstellation führen erst im Laufe des Lebens zu einer relevanten
Eisenüberladung und daher sieht man, wenn überhaupt, erst in mittlerem oder höheren Alter Organschäden z.B. der Leber.
-Histologische Veränderungen: In der Leber findet man bei HFE-Hämochromatose erst eine Siderose (=Eisenablagerungen) der Hepatozyten( Leberzellen) und erst bei sehr hochgradiger Eisenbelastung des Körpers, also bei hochgradiger Hämochromatose zusätzlich auch eine Siderose der sogenannten Kupfferschen Sternzellen (Fresszellen der Leber mehr:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kupffer-Sternzelle )
-eine Transferrinsättigung von 45% ist untypisch für HFE-Hämochromatose. Dem Ansteigen des Ferritins geht eine deutliche Erhöhung der Transferrinsättigung voraus. Bei HFE-Hämochromatose sieht man oft eine Transferrinsättigung von 80% und mehr.
Keine "Neonatale Hämochromatose"
-Dazu ist das Kind zu fit.
-sehr hochgradige Eisenüberladung und Verteilung des Lebereisens: bei der "Neonatalen Hämochromatose" ist hauptsächlich in den Hepatozyten und nur etwas in den Kupfferschen Sternzellen.
-Laborwerte: Die Transferrinsättigung wäre sehr hoch und Ferritin wäre, von den Fällen, über die ich gelesen habe bisher, auch höher als bei Deinem Kind.
Um die richtige Diagnose zu finden, nach dem man diese Formen der Hämochromatose nun ausgeschlossen hat, stellen sich verschiedene Fragen für die Ärzte; z.B. welche Gesundheitsbeschwerden und Befunde Deiner Tochter liegen vor und wie stehen diese in möglichem Zusammenhang. Gibt es Ähnliches in der Verwandtschaft, usw
Dabei ist die vorhandene neonatale Eisenüberladung nur einer der Unterpunkte, die man nun näher untersucht.
Fragestellungen für die Ärzte dabei: woher kommt die Eisenüberladung? Ist die Eisenüberladung auf die Leber begrenzt oder auch in anderen Organen?Was bedeutet der histologische Befund? Verteilungsmuster Hepatozyten/Kupffersche Sternzellen? Was sagen die Eisenlaborparameter aus, Transferrinsättigung, Höhe Ferritin, Verlauf der Werte?
Ob die Eisenüberladung auf die Leber begrenzt ist, ist glaub ich noch nicht bekannt oder es wurde nichts gefunden (?). Der histologische Befund, Eisenüberladung sowohl in den Hepatozyten als auch in den Kupfferschen Sternzellen, spricht meines Wissens eher für eine sekundäre Eisenüberladung, also nicht für die klassische Hämochromatose, bei der die erbliche Hämochromatose die Grunderkrankung für die Eisenüberladung ist, sondern für eine erworbene Eisenbelastung, bei der die Ursache eine andere Grunderkrankung ist.
Sekundäre Eisenbelastung kann bei Leberschädigung, Blutbildungsstörungen, Knochenmarkserkrankungen, bestimmte Stoffwechselstörungen (z.B. die von Dir erwähnte Citrullinämie II ) auftreten.
Ein paar sehr schwerwiegende, lebensbedrohliche bis tödlich endende Erkrankungen, bei denen Eisenüberladung bei Neugeborenen auftritt- allesamt auch sehr selten-kann man wohl ohne die Zusammenschau mit den anderen Beschwerden Deines Kindes und weiteren Laborwerten (und natürlich aus Laienssicht besehen) schon mal bereits eher vernachlässigen und das ist gut so
-weil Dein Kind deutlich zu fit dafür ist und/oder die Lebereisenverteilung und/oder Eisenparameter anders z.B. Transferrinsättigung normal sind.
(Ein paar dieser seltenen Erkrankungen mit Eisenüberladung beim Neugeborenen, nur um Dir mal zu zeigen, daß schon allein beim so einfach klingenden Thema Eisenüberladung beim Neugeborenen diverse Erkrankungen dahinter stecken können und die Ärzte für eine Diagnose bei seltenen Erkrankungen etwas Zeit brauchen: u.a.GRACILE-Syndrom,Tricho-hepato-enterisches Syndrom= neonatale Hämochromatose mit Durchfällen und Haaranomalien, Atransferrinämie, Morbus Farquhar (Familiäre hämophagozytische Lymphohistiose), DGUOK-Mutationen bei Desoxyguanosin-Kinase -Mangel, usw...)
Dagegen wäre die Citrullinämie Typ II im Kindesalter, wenn zwar auch eine ernstzunehmende Erkrankung, aber doch von der Prognose eine deutlich günstigere Erkrankung. Hier ein Link:
http://vfass.de/stoffwechselstorungen/h ... inamie-ii/
Hoffe, das macht Dir Mut.
Vielleicht schreibe ich später noch was. Warte mal ab, ob vielleicht schon bald die Diagnose steht.
Falls noch ärztliche Zweitmeinung, dann wäre UKE Hamburg-Eppendorf wie gesagt wohl eine gute Adresse
Viel Glück für Dich und Dein Kind!
Liebe Grüße
Lia