Noch ein Neuer

In diesen älteren Diskussionen der Vorjahre könnt Ihr lesen und auch weiter aktiv schreiben. Beachtet, dass sich der Stand der Forschung seitdem geändert haben kann. Es gibt inzwischen neue Empfehlungen und Leitlinien zur Diagnostik und Therapie.
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Lia
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Re: Noch ein Neuer

Beitrag von Lia »

Hallo Achim,

Peter459 fühlte sich damals auch von seinen Ärzten alleingelassen, schließ Dich mal am besten mit ihm kurz, er kennt sich in Deiner Gegend aus. Er hat Dir hier schon geschrieben.
Zu Deinen Fragen:
1. Mein Augangs-Ferritinwert lag vor 10 Wochen bei 3440ng/l.
In welchen Schritten, pro Aderlass 500ml wöchentlich, wird der Ferritinwert gesenkt?
Gibt es hier eine Faustformel? Von welchen Faktoren ist dies abhängig.

Gaaaaanz ungefähr sinkt pro Aderlass 500 ml das Ferritin um 30 ng/ml. Insbesondere bei einer Leberschädigung kann das Ferritin anfangs deutlich schneller sinken. Oft ist ein Teil des hohen Ferritins bei Hämochromatosebetroffenen mit durch die Leberschädigung erhöht.
Später im Verlauf der Aderlasstherapie sinkt das Ferritin dann deutlich langsamer. Manchmal kann es sogar mal ansteigen- macht nix, ist normal, hat christiane ja schon geschrieben. Aber sei sicher: das überschüssige Eisen wird zuverlässig aus den Körpereisenspeichern herausgeholt.


Wie gesagt habe ich morgen meinen 10. Aderlass, bei dem der Ferritiwert bestimmt wird.
Der Arzt, bei dem ich den Aderlass machen lasse spricht von ca 450ng/l. Demnach wäre ich ja schnell davon ab.
Kann mir dies aber nicht erklären, da es ja immer wieder heißt: "Ca. 1 - 1 1/2 Jahre benötigt man um einen solchen
Ausgangswert entsprechend zu senken".


Du wirst schon eine Weile brauchen....ich vermute, Dein Arzt hat recht.

2. Wie wichtig ist es die Ernährung umzustellen?
Was sollte man hier beachten?

Wie Christiane schon sagt, eine speziell eisenarme Kost ist nicht notwendig, Alkohol bei so hohem Ferritin und auch bei Leberschaden würde ich meiden, um die Leber zu entlasten.
3. Ich suche immer noch nach einem Arzt, der sich der ganzen Sache annimmt und Erfhrung mit Hämochromatose-
patienten hat. Ich komme aus Paderborn. Hat jemand da einen Tip für mich?


Keinen direkten Tip ausser: Peter 459 fragen
Zu dem Thema der PN komme ich wohl erst gegen Wochenende, hier ist grad viel los :D
Liebe Grüße

Lia
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AchimW
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Re: Noch ein Neuer

Beitrag von AchimW »

Hallo alle Zusammen!

bin beim 14. Aderlass angekommen. Vom Ferritinausgangswert 3341ng/l am 14.02.2012 sind derzeit noch 1870ng/l
übriggeblieben.
Mal sehen ob es in dem Tempo so weitergeht.
Mein großes Problem sind nur die damit immer schlimmer werdenden Gelenk- und Muskelschmerzen.
Das ideale Schmerzmittel ist noch nicht gefunden. Zur Zeit nehme ich "Arco..." edit Forumsleitung: Handelsname entfernt Inhaltsstoff Etoricoxib und Allupurinol. Es ist aber noch nicht so, dass ich wieder ins Berufsleben zurückkeheren kann.
Die Fingersteifigkeiten an beiden Händen, Schmerzen in Sprunggelenken, Hüfte und Knie lassen dies einfach nicht zu.
Mein Arbeitsfeld liegt zu 90% am PC und dies ist zur Zeit nur für ca. 1-1,5 Stunden am Stück möglich, danach ist die Steifigkeit und die Schmerzintensität so hoch, dass ich aufhören muss.
Eine Schmerztherapie soll mir Entlastung geben. Ein Platz ist aber nicht vor Juli zubekommen.
Es ist sehr belastend, da man nicht weiß wohin das Ganze führt.

Zum Glück habe ich mittlerweile eine Ärtzin hier in Paderborn gefunden, die sich der ganzen Sache angenommen hat und mich phantastisch unterstützt.

Hat von Euch einer auch diese extremen Gelenk und Muskelprobleme?
Ist dies eine Phase nur während des intensiven Aderlasses?
Können die Beschwerden bleiben oder sogar noch intensiver werden?
Wie sieht es in der Verbindung mit einem Schwerbehindertenausweis aus, besteht da Aussicht auf Erfolg?
Führt das Ganze früher oder später zur Erwerbsunfähigkeit?

Fragen über Fragen, die ich nicht beantworten kann und wo ich auf eure Hilfe und eure Erfahrung angewiesen bin.

Vielen Dank für die hoffentlich zahlreichen Feedbacks.

Liebe Grüße aus Paderborn

Achim
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Kunozerus
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Re: Noch ein Neuer

Beitrag von Kunozerus »

Hallo Achim,

wie schön, dass du nun eine Ärztin gefunden hast, bei der du dich gut aufgehoben fühlst, das ist bei all dem, was man so insgesamt an Belastungen hat, sicher schon mal ein gutes Gefühl.

Ein guter Arzt ist auch die beste Empfehlung für den Antrag wegen Schwerbehinderung, denn das zuständige Versorgungsamt entscheidet nur nach Aktenlage, so dass man gute, detaillierte Arztberichte braucht. Empfehlen würde ich in diesem Zusammenhang schon vorher die Mitgliedschaft in einem Sozialverband (z.B. im VdK), die helfen auch beim Antrag auf GdB und bei möglichen Widersprüchen. Die Beiträge sind nicht so üppig, so dass sich das auch lohnt. Ich war dort mal in der Rechtsberatung und fand die Leute da sehr kompetent, sie helfen auch in Bezug auf die Erwerbsunfähigkeit.
Die gesetzlichen Grundlagen zum Schwerbehindertenrecht findest du übrigens hier: http://www.gesetze-im-internet.de/norme ... 2_0010.pdf, vielleicht hilft dir das ja weiter.

Ansonsten: Gelenkprobleme habe ich auch, allerdings der Form, dass sich bisher an sechs Knochen/Gelenken Nekrosen gebildet haben, was immer zu Gelenkersatz bzw. Versteifung eines Gelenks geführt hat. Nach Gelenk Nummer fünf bekam ich einen GdB von 50 zuerkannt, sogar unbefristet. Wenigstens was!

Dir alles Liebe - und halte durch bis Juli! Ist ja schon bald!

:winke
Das Leben ist gar nicht so. Es ist ganz anders!

Liebe Grüße von Caro
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Hanne
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Re: Noch ein Neuer

Beitrag von Hanne »

Hallo Achim!
Super, daß Du eine gute Ärztin gefunden hast! :daumen
Ich hatte – allerdings wirklich erst gegen Ende der intensiven Aderlaßphase, als mein Ferritin bei unter 10 µg/l lag – auch extreme Muskelschmerzen. Am Anfang der Aderlaßtherapie ging es mir so gut wie nie und ich hätte nicht nur Bäume, sondern ganze Wälder ausreißen können! Die Muskelschmerzen, die ich dann gegen Ende bekam sind schwer zu beschreiben: es fühlte sich irgenwie so an, als ob die Muskeln vom Knochen gezogen werden. Betroffen waren damals eigentlich alle Muskeln, besonders schlimm waren aber die Beine.
Heute gehe ich 4x im Jahr zum Aderlaß und halte meinen Ferritinwert bei unter 50. Muskelschmerzen habe ich keine mehr und Gelenkschmerzen halten sich (meistens) in Grenzen. Sicher gibt es schlechte Tage, aber die sind 1. zum Glück selten und 2. ganz gut auszuhalten.

Zu Deiner Frage wegen der Schwerbehinderung. Ein Antrag lohnt sich auf jeden Fall. Bei Dir ist ja auch schon einiges an Beschwerden zusammen gekommen.
Wichtig ist, daß Dein Arzt nicht nur die Diagnose „Hämochromatose“ angibt (dafür gibt es nur ca. 20%), sondern den Schwerpunkt eher auf Deine Beschwerden legt.
Also z.B. hämochromatose bedingte Gelenkbeschwerden mit akuten rheumatischen Schüben, oder Herzrythmusstörungen und allgemeine Schwäche bei Aderlaßtherapie, allgemeine depressive Stimmungslage auf Grund der unklaren Gesamtsituation usw. … Es schadet auch nicht, wenn drinsteht, daß Du schmerzbedingt an manchen Tagen gar nicht laufen kannst.
Am besten ist es, Du sprichst VOR Antragstellung mit Deiner Ärztin, damit sie weiß, worum es Dir bei dem Antrag geht und was Deiner Meinung nach auf jeden Fall drin stehen soll.

Ich habe eine unbefristete Schwerbehinderung von 100 % zugesprochen bekommen und dazu die Merkzeichen G, aG, B und H.
Ein Antrag bei Deinem zuständigen Versorgungsamt lohnt sich also auf jeden Fall. Schon allein wegen der Steuerersparnis, Parkerleichterung und nicht zuletzt der Möglichkeit, ohne Abzüge früher in Rente zu gehen.

Falls Du noch weitere Fragen hast, ich bin da!

Liebe Grüße aus München! :winke
Hanne
Liebe Grüße :winke
Hanne
feldhase
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Re: Noch ein Neuer

Beitrag von feldhase »

Hallo Achim,
viele Grüße vom feldhase.
Ich schicke dir einmal einen kurzen Ablauf über meine Krankengeschichte in Bezug auf den Verlauf nach dem Ausbruch der Hämochromatose.

Derzeitiger Zustand
• Laufen und Stehen sind kaum mehr möglich
o max. 5 Minuten
o eine Strecke von 100 Meter kann ich nur mit mehreren Pausen
des Sitzens bewältigen
• Sitzen verursacht ebenfalls Schmerzen, je nach
Sitzgelegenheit sehr schnell
• Liegen bringt auch nur selten Entlastung, insbesondere die
linke Hüfte schmerzt außerordentlich
• Beide Knie schmerzen morgens und teilweise auch tagsüber
o Beim operierten Knie (Prothese) zeigt sich eine Taubheit und
die umliegende Muskulatur ist weiterhin stark verhärtet, bis
hin zu einem Steifheitsgefühl. Die Haut an diesem Knie
verschorft zunehmend.
o Das bislang noch nicht operierte Knie schmerzt vor allem bei
Belastung
• Von Zeit zu Zeit im ganzen Körper Schmerzen - Muskeln,
Knochen und Gelenke -, die teilweise den ganzen Tag lang
und in der Nacht anhalten.
• Trotz der diagnostizierten Hämochromatose stagniert der
Ferritin-Wert seit Monaten
o 1999 bis Mitte 2009 Adlerlass von 500 ml Blut im Vier-Wochen-
Rhythmus erforderlich
o seit Knie-OP der Ferritinwert Wert (hat sich ab 2011 nur
langsam wieder etwas erhöht)

Der Grund dafür, dass sich der Ferritinwert zurzeit recht stabil verhält und ich nur noch alle 3 - 4 Monate einen Aderlass vornehmen muss, liegt an dem Magensäurehemmer Pantoprazol (Anmerkung Admin2:Firmenname entfernt 40mg. Erfahren habe ich das von der Hämochromat. Vereinig. Deutschl. e. V, die dazu einen Beitrag im WDR Fernsehen gebracht hat.
Ausschlaggebend dafür ist, dass du durch Aderlässe über einen längeren Zeitraum etwa auch 3-4 Monate deinen Ferritinspiegel auf unter 50 ug/l
absenkst. Dann sorgt die tägl. Einnahme von Pantoprazol (Anmerkung Admin2:Firmenname entfernt 40mg dafür, dass in deinem Verdauungstrakt das dreiwertige Eisen - Ferritin nicht aus der Nahrung gelöst werden kann.
Diese Aussage liegt noch nicht als Studie vor, sondern ist in der Bearbeitung. Ob das auf alle Patienten zutrifft, kann ich nicht sagen aber bei mir ist das so.
Es hilft mir zwar in so weit, dass ich jetzt nur noch selten einen Aderlass benötige, aber alle anderen Symptome, die mit der Hämochromatose verbunden aufgetreten sind, habe ich nach wie vor. Meine Laborwerte sind derzeit zufrieden stellend, trotzdem habe ich große Schwierigkei-ten, mit der Erkrankung umzugehen.

Mein familiäres Umfeld
• Eine Schwester an Folgen der nicht diagnostizierten
Hämochromatose gestorben, obwohl sie eine neue Leber
bekommen hat.
• Eine Schwester an multipler Krebserkrankung gestorben
• Ein Bruder an Folgen der nicht diagnostizierten
Hämochromatose in Folge Leberkrebs gestorben
Ein Bruder hat nach dem bei ihm eine weit fortgeschrittene
Hämochromatose diagnostiziert wurde, eine Stammzellen-
transplanation bekommen, die für ihn überlebensnotwendig
war.
Weil ich und ein weiterer Bruder als Spender zu 100% geeignet
waren, ist bei ihm die Stammzellentransplanation hervorra-
gend angeschlagen.
• Bei meinen drei Söhnen wurde die Hämochromatose
auch diagnostiziert. Mit Hilfe der modernen Genanalyse
wurde festgestellt, dass bei meinen Kindern die Hämochro-
matose nicht ausbrechen wird.

Mit guten Wünschen
feldhase
mausi

Re: Noch ein Neuer

Beitrag von mausi »

Hallo Feldhase!

Dich hat es aber ordentlich erwischt samt Familie. Mir geht es nach intensiven AL 2011 na ja sagen wir gut.
Vor 3 wochen wieder AL und momentan Eisenwerte super. Leider habe ich in der Intensivphase RLS (Restlesslegs) bekommen und werde es nicht los. Auch Gelenkschmerzen in beiden Beinen und Händen und Schulterbereich sind nicht besser.
Na ja Eisenwerte im Griff dafür jetzt zuviel Cholesterien, Triglyceride usw.
Wir werden halt nicht mehr 100% gesund aber machen wir das beste daraus.
Pantoprazol habe ich auch von meinem Arzt verschrieben bekommen, aber ob das wirklich den Eisenspiegel senkt, na ich weiß nicht, aber könnte sein, da meine Blutwerte ja jetzt gut sind.
Alles Liebe und Gute
Mausi
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wolle
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Re: Noch ein Neuer

Beitrag von wolle »

Hallo Achim,

ich meine mich entsinnen zu können, - das bei mir die Gelenkschmerzen während der AL´s auch mal schlimmer wurden,
bevor sie ganz weg gegangen sind! Durch die Aderlässe hast Du ja einen Blutverlust, und es muss neues Blut produziert
werden, wofür es das Eisen braucht, welches aus den Organen und vielleicht auch Knochen entzogen wird, - vielleicht
rühren daher auch die nun verstärten Gelenkschmerzen?

Was meint Lia?

Toi toi toi für Dich :winke :daumen

Gruß

Wolle
LG Wolle
Mein HC Tagebuch: http://www.haemochromatose-forum.de/for ... f=83&t=352



Meine Daten:
Heteor H63D; Ferritin 1160/Transferin 289/ -sättigung 49%/ Eisen 35,4(2005) - Diabetes (09.2012) -
Abstinent (ab 2010 ) - Nichtraucher (auch schon ganz schön lange ) jetzt Erhaltungs-AL´s ( 56 / 25275 [gesamt Al / ml.] )
Stand: 12.2016
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Barbe
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Re: Noch ein Neuer

Beitrag von Barbe »

Hallo Achim,
Hallo Feldhase,

verspätet, aber nicht minder herzlich:
Willkommen hier bei uns! :winken

De Barbe & Hägar (wir sind das Forumspärchen... :danke)
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Lia
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Re: Noch ein Neuer

Beitrag von Lia »

Hallo Achim,

eine Schmerztherapie ist auf jeden Fall ein guter Ansatzpunkt, auch wenn der Termin erst im Juli ist.
Auch gut ist, dass Du eine Ärztin vor Ort gefunden hast, bei der Du Dich gut aufgehoben fühlst.

Zu Deinen Fragen:
Hat von Euch einer auch diese extremen Gelenk und Muskelprobleme?
Ja es gibt Einige im Forum mit sehr starken Problemen. Vielleicht bekommst Du noch Antworten. Ansonsten lies Dich im Forum durch, es gitb viele Erfahrungsberichte.
Ist dies eine Phase nur während des intensiven Aderlasses?
Während der Aderlasstherapie können sich Gelenkprobleme verschlimmern. Betroffene hier im Forum berichten, dass Gelenkschmerzen nach der intensiven Phase abnehmen können.
Oft aber schreiten die Gelenkprobleme unbeeindruckt von der Aderlasstherapie fort.
Somit ist Deine Frage:
Können die Beschwerden bleiben oder sogar noch intensiver werden?
mit ja zu beantworten. Was aber nicht heißt, dass man nichts dagegen unternehmen kann.
Gut ist glaube ich bei allem realistischen Blick optimistisch zu sein, das Beste für sich zu wollen: nichtmedikamentöse und medikamentöse Schmerzreduktion, richtige Bewegung trotz Gelenkbeschwerden, das Erlernen von Strategien, wie man mit Schmerz umgehen kann u.v.m.
Wie sieht es in der Verbindung mit einem Schwerbehindertenausweis aus, besteht da Aussicht auf Erfolg?
Hier hast Du ja schon diverse Antworten bekommen, so überspring ich das mal.
Führt das Ganze früher oder später zur Erwerbsunfähigkeit?
Ob dies so sein kann, wirst Du wahrscheinlich erst mit der Zeit sehen und Dein Arzt kann dies einschätzen. Aber Vorsicht: Mir sagte ein Arzt vor ca 10 Jahren zu meinen Gelenkbeschwerden, ich könne mich noch ca 10 Jahre so einigermaßen bewegen und dann sähe es gaaanz schlecht für mich aus. War totaler Quatsch. Mir gehts bzgl Gelenkbeschwerden so gut wie noch nie. Hier lag aber einfach ein unfähiger Arzt vor( ging kurz danach in Rente) Dennoch will ich Dir auch bei ernstem Befund Mut machen, bei allem Realitätssinn immer an Dich und Deine Kräfte zu glauben. :daumen

Das wärs erstmal von mir. :) Evtl mehr wenn ich alle gefühlten 200 Beiträge durchhabe.... :)
Liebe Grüße

Lia
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AchimW
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Re: Noch ein Neuer

Beitrag von AchimW »

Hallo alle Zusammen, :winke

lang, lang, lang ist es her, dass ich im Forum rumgestöbert habe oder geschrieben habe.
Es ist viel passiert! Es hat sich viel geändert!

1 Jahr ist es her, als mein Eintrag das letzte mal von Lia beantwortet wurde.

Die angedachte Schmerztherapie habe ich im August-September 2012 absolviert.
In der Schmerztherapie wurde schnell erkannt, dass die jahrelangen Gelenkschmerzen sich zu einer eigenen Schmerzkrankheit ausgebreitet hatte und dass die Psyche soweit angegriffen war, dass man von einer Depression sprechen konnte.
Die Schmerzen wurden zum einen medikamentös behandelt. Tilidin, Celebrex und Amineurin waren die Medikamente, mit denen die Gelenkschmerzen langsam gesenkt wurden.
Zum Anderen kamen psychologische Gespräche zum Einsatz sowie Entspannungsübungen und Bewegungsarten die dem Körper gut taten.
Ich ließ einen Aderlass während der 2 wöchigen Schmerztherapie machen, um mich nicht noch mehr zu strapazieren.
Die Müdigkeit und Abgeschlagenheit war enorm. Ich war froh, wenn die Behandlungen vorbei waren und ich mich hinlegen und ausruhen konnte. Mein Ferritinwert lag während der Schmerztherapie um die 1500µg/l.
Ich wollte einfach mal weg vom Aderlass, da dieser immer enorm an mir zerrte.

Ich wurde krank und arbeitsunfähig aus der Schmerztherapie entlassen. Die Schmerzen waren zu dem Zeitpunkt ok und für mich zu ertragen. Mir machte die Konzentrationsschwäche, die Antriebslosigkeit und die enorme Müdigkeit zu schaffen.
Ziel war es jetzt: Ersteinmal den Ferritinwert in den Normbereich bringen, parallel dazu eine Psychotherapie zu starten sowie die Schmerzen mit Entspannungsmethoden, Bewegungsübungen und Medikamenten zu kontrollieren. Es wurde gehofft, dass durch den sinkenden Ferritinwert die Gelenkschmerzen zurückgehen würden. Als abschließende Maßnahme sollte dann eine Psychosomatische Reha mich wieder langsam ins Berufsleben zurückbringen.
In der Schmerzterapie hatte ich zum erstenmal in meinem Leben Zeit mit mir. Der ständige berufliche Leistungsdruck, das immer funktionieren müssen, das immer weiter immer weiter immer mehr, hatte mir es nie erlaubt einmal an mich zu denken.
Ich hatte Existensängste, ich machte mich zum Versager, ich der sonst alles unter Kontrolle hatte, so schien es jedenfalls, wusste nicht wie mit dem Ganzen umzugehen war.

Ich kam nach Hause. Die "Oase" Schmerzklinik hinter mir gelassen, entstand sofort wieder dieser negative Druck. In der Schmerzklinik konnte ich mich "verstecken" dort war ich krank. Zuhause aber, da gab es kein Versteck. Ich fühlte mich als Versager. Die Verspannungen, der Druck.... alles nahm wieder zu, auch die Schmerzen.

Den Aderlass führte ich Woche für Woche weiter. Der Ferritinwert sank. Die Gelenkschmerzen stiegen an. Die Hände konnte ich morgens nicht mehr zudrücken. Erst durch langsame Bewegungen und "Streicheleinheiten" war dies möglich.
Meine Sprunggelenke machten vermehrt auf sich aufmerksam. Spaziergänge mit unserem Hund wurden zur Qual. Treppensteigen zur Tortur.
Im Oktober meldete sich die Krankenkasse. Obwohl die Abmachung darin bestand, erst den Normalwert vom Ferritin abzuwarten, wurde ich aufgefordert einer Reha zuzustimmen und diese zu beantragen.
Ich hatte die Dokumente noch nicht ganz eingereicht, da hatte ich auch schon die Genehmigung der Reha auf dem Tisch.

Schnell waren auch der Termin und der Ort fixiert.
5 Wochen Bad Camberg von Anfang Januar bis Mitte Februar 2013.

Ich fuhr mit einem noch erhöhten Ferritinwert nach Bad Camberg. Ebenso mussten die Schmerzmittel zwischenzeitlich umgestellt werden. Die Nebenwirkungen waren zu heftig. Ich bekam jetzt Fentanylpflaster, Tilidin, Celebrex, Citalopram und Amineurin.
Mein Ziel bei der Reha war es: "Zuversichtlich nach Hause fahren".

Dieses Ziel habe ich nicht erreicht.
Die Reha hat schnell gezeigt, dass es nicht so einfach war die auftretenden Schmerzen durch psychologische Anwendungen oder Maßnahmen zu beeinflussen.
Ich fiel mehr und mehr in ein Loch. Mehr und mehr erkannte ich aber auch, dass ich den Weg, den ich fast 35 Jahre lang gegangen bin
(Leistung, Verantwortung, Funktionieren,immer weiter, immer mehr, noch mehr Arbeit, fast 7 Tage Woche...) nicht mehr gehen wollte geschweige denn konnte.
Die viele Zeit mit mir, mit mir ins Reine kommen, mit mir den Weg ausloten die hat mich kapitulieren lassen.

Mir war klar geworden, dass ich nur über Ruhe, Geduld, eins nach dem Anderen wieder aufstehen konnte.
Die Gelenkschmerzen, die Schmerzkrankheit, die Depressionen, die Gelenkbeschwerden sie waren nicht weg zu denken.
In Übereinstimmung mit den leitenden Ärzten, den Psychologen und den Physiotherapeuten, meiner Hausärztin und meiner Heimpsychologin wurde ich erwerbsunfähig entlassen.
Die Entlassung galt gleichzeitig als Rentenantrag.

Im Mai diesen Jahres wurde mir rückwirkend bis Oktober 2012 die volle Erwerbsminderungsrente zugesprochen.
Es ist nicht viel aber es geht.
Mein Ferritinwert liegt heute bei ca 40µg/l.
Die Schmerzen lassen sich zur Zeit ertragen.
Die Schmerzmittel sind nochmals umgestellt worden, da die Fentanylpflaster zu extremen Schweißausbrüchen führten.
Ich nehme jetzt Targin, Celebrex, Amineurin und Citalopram.
Die Abgeschlagenheit und Müdigkeit sind immer noch gegenwärtig.
Die Hände lassen sich am Morgen kaum zudrücken. Langsame Bewegungen über den Tag helfen mir.
Die Sprunggelenke spüre ich bei fast jedem Schritt. Treppensteigen geht nur step by step.

Ich bin bis zum 31.12.2014 vorerst Rentner.
Ich weiß nicht was passieren wird, wie sich alles entwickelt.
Ich schaue heute nicht mehr soweit nach vorne, versuche heute zu leben.

Es ich immer wieder schwer um sich kein Versagen vorzuwerfen.
Es ist immer wieder schwer auch die ganz kleinen Dinge als Erfolg zu sehen.

Ich hoffe, dass die Zeit die Wunden heilt.

Macht es gut und passt auf Euch auf

Achim :winke
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Lia
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Re: Noch ein Neuer

Beitrag von Lia »

Hallo Achim,

schön, von Dir zu lesen. :)
Was Du berichtest, ist natürlich weniger erfreulich, dennoch meine ich, bist Du einen Schritt weiter.
Ich schreib Dir mal meine Gedanken dazu:
Du brauchst im Moment nicht dafür kämpfen, die nötige Ruhe zu haben, weil Du erstmal berentet bist. Das steht Dir zu. Sollen die Anderen um Dich rum erst mal schaffen, mit der Hälfte Deiner Schmerzen den Alltag zu bewältigen... , das steht Dir zu. Zudem kann jeder Einzelne in Deiner Stadt von heute auf morgen einen Unfall haben oder erkranken und nicht mehr so hipp schnell im Hamsterrad unserer merkwürdigen Leistungsgesellschaft drehen.
Nicht im Hamsterrad rennende Menschen, die uns Entschleunigung lehren können, sind genauso wichtig für unsere Gesellschaft wie die leidenschaftlichen Renner.
Versager, das sind diejenigen, die eine Gesellschaft bewusst ausnutzen. Ihren Autoschlitten auf zwei Parkplätzen parken und nur für einen zahlen und kein schlechtes Gewissen haben.
Das sind nicht die Leute, die aufgrund einer Erkrankung nicht so können wie sie wollen. Im Gegenteil, denen kann nur ein Bruch im Leben wie eine Erkrankung die Chance geben, sozialer Teil unserer Gesellschaft zu sein.

Die ganz kleinen Dinge zu sehen, das ist für mich ein Heilmittel.
Kleine Verbesserungen. Oder kleine Rituale, die Freude bereiten, (bei mir der tägliche Espresso). Oder kleine Details sehen, in denen sich die ganze Natur, die ganze Welt widerspiegelt.
Heute: kleine Bienen, ganz unterschiedliche, auf einem großen Lavendel, von Miniblüte zu Miniblüte summend. Wer nur rennt, sieht das nicht, sieht nicht die Schönheit des Lavendels und riecht nicht seinen Duft. Wer nur rennt, kann von den kleinen großen Dingen der Welt nicht erzählen.
Jeder hat sein Recht, so zu leben, wie er es braucht und Jeder ist gleich wichtig.

Das wären meine Gedanken dazu.

Liebe Grüße

Lia
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