Depression ( Winterdepession )

In diesen älteren Diskussionen der Vorjahre könnt Ihr lesen und auch weiter aktiv schreiben. Beachtet, dass sich der Stand der Forschung seitdem geändert haben kann. Es gibt inzwischen neue Empfehlungen und Leitlinien zur Diagnostik und Therapie.
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Sprotte
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Beitrag von Sprotte »

Hallo Guenni,

um es noch einmal ganz klar zu machen: ich stehe auf dem Standpukt, dass man Medikamente mit Vorsicht geniessen sollte und haeufig werden Antidepressiva von den Aerzten als schneller Fix eingesetzt. Bevor man zu diesen "scharfen Geschuetzen" greift, sollte man alle anderen Optionen ausschoepfen, wie z.B. Beratung oder pflanzliche Produkte. Dieses berichte ich aus familiaerer Erfahrung. Selbstverstaendlich schliesse ich die medikamentoese Behandlung nicht aus.

LG

Sprotte
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günni
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Beitrag von günni »

Lia hat geschrieben:Hallo,

vorab: wegen mir bräuchte es den Winter nicht geben, ich friere im Winter ständig, auch in normal beheizten Räumen, mir werden selbst in der Wohnung ab und an die Finger leicht taub, ich neige zu Nackenverspannungen durch dieses andauernde Frieren und ich habe mir auch schon mal überlegt, einen Nasenwärmer zu stricken :gruebel :wink:

Ein paar Gedanken zu Depressionen und Medikamenten:
Ich leide selbst nicht unter Depressionen, habe daher auch keine Erfahrung mit Medikamenten, aber ich bin mit dem Thema doch ständig konfrontiert, da in meinem Bekanntenkreis Leute mit teils schweren Depressionen sind und mein Vater seit vielen Jahren unter einer besonders schweren, chronischen Depression leidet, immer wieder Suizidversuche unternimmt und für mehrere Monate in der Klinik ist.
Im Moment geht es ihm recht gut, gut heißt hierbei, daß er unter Betreuung in seiner Seniorenresidenz wohnen kann, ab und an ab Nachmittag fähig ist, aus der Wohnung zu gehen, etwas einzukaufen oder einen Gang um den Block zu unternehmen. Und er ist im Moment fähig, sich zu freuen und sogar etwas Anteil an anderen zu nehmen, mitzufühlen, was für ihn sehr viel ist, denn bei dieser Erkrankung kreisen die grüblerischen und selbstzerstörerischen Gedanken ab einem gewissen Stadium nur noch um einen selbst.
Ohne Medikamente würde er nicht mehr leben.
Depression kann unter Umständen eine lebensbedrohliche Erkrankung sein, die der Gefährlichkeit von Krebserkrankungen in nichts nachsteht.
Mein Vater hat erst therapeutische Hilfe in Anspruch genommen, als er nach dem ersten Suizidversuch zwangsweise zum Schutz vor sich selbst in die Klinik eingeliefert wurde. Ich hätte ihm gewünscht, daß er sich früher in therapeutische Behandlung begeben hätte. Dies ist allerdings ein wirklich extremer Fall, sagen auch die Ärzte.

Die Medikamente spielen bei mittelschweren und schweren Depressionen eine wichtige Rolle, oft ist ein Patient aufgrund der depressiven Situation gar nicht in der Lage, eine Psychotherapie zu beginnen. Die Medikamente verhelfen ihm dazu, daß sich der Zustand soweit stabilisiert, daß eine psychotherapeutische Hilfe Therapie möglich wird.
Die oft geäußerte Sorge, nicht mehr Herr seiner selbst zu sein und die Persönlichkeit durch die Medikamente zu verlieren, ist so nicht berechtigt.
Im Gegenteil, die Medikamente tragen mit dazu bei, wieder zu "sich" zu finden. Die Depression verändert den Charakter und die Persönlichkeit u. U.massiv .
Ebenso helfen Medikamente auch dabei, Rückfälle zu verhindern.

Die sog. Antidepressiva machen nicht abhängig.
Es gibt auch Tranquilizer, die bei Depressionen u. Umständen zum Einsatz kommen. Diese machen in der Tat abhängig und müssen ausgeschlichen werden. Mein Vater bekommt das Sedativum Tavor seit Jahren als Dauermedikation. Dies ist nicht ideal, normalerweise sind diese Medikamente meines Wissens als Kurzzeittherapie gedacht.
Da bin ich auch wahrlich nicht glücklich, daß solche Medikamente als Dauergabe gegeben werden, da aber diverse medikamentöse Therapien und auch die Psychotherapien, Elektrokrampftherapie etc bei meinem Vater keinen dauerhaften Erfolg gebracht haben, scheint dies wohl im Moment nicht anders zu gehen.

Daher bin ich der Meinung, die medikamentöse Therapie ist ab einer bestimmten Schwere der Erkrankung unumgänglich.
Wie jedes andere Medikament gibt es Nutzen und Nebenwirkungen, die der Arzt (und der Patient) abwägt. Diese Medikamente können evtl Leben retten. Dies soll jetzt keine Werbung für die Pharmaindustrie darstellen, aber mir ist wichtig, daß man sich rechtzeitig in die Hände eines Arztes begibt, daß solch schlimme Zustände wie bei meinem Vater vermieden werden können, da ich annehme, daß man ihm hätte besser helfen können, wenn er zu einem früheren Zeitpunkt eine adäquate Therapie bekommen hätte.

Bei Depressionen spielen veränderte Stoffwechselvorgänge im Gehirn eine Rolle. Die teils noch recht neu entwickelten Medikamente können zu einer "Normalisierung " verhelfen.- mal ganz einfach gesagt, wie uns die Aderlässe zu normalen Ferritinwert verhelfen, oder der insulinpflichtige Diabetiker für die Behandlung seines Diabetes das Insulin benötigt.

Ich denke, es ist wichtig, in Phasen in denen es einem gut geht, vorzubauen- zu erkennen, wann sich eine erneute depressive Stimmung anbahnt, frühzeitig etwas dagegen zu tun, sei es mit vermehrter körperlicher Bewegung, in der Therapie gelernten Strategien zur Konfliktbewältigung und auch dadurch, rechtzeitig den Therapeuten anzurufen und Hilfe anzunehmen, welche evtl auch medikamentöse Therapie mitbeinhaltet.

Liebe Grüße

Lia

Danke, Lia.
In jeder Minute, die man sich ärgert, versäumt man 60 glückliche Sekunden...
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Lia
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Registriert: Mo 15. Mär 2004, 16:08

Beitrag von Lia »

Hallo,

....jeder macht verschiedene Erfahrungen.

bin eben per Zufall auf diesen Link gestoßen, den ich in die Diskussion werfen möchte:
Depression: Molekül erklärt Mangel an Serotoninrezeptoren im Gehirn
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=22611

Liebe Grüße

Lia
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