Hallo Ingo Wallander
uff, hui geballte Fragen

Wieder: Vorsicht lang- wems nicht passt, der lese es halt nicht

- und: Hintergrundinfos eines Laien können nie und nimmer den Arztbesuch ersetzen.
Vorab: Deine Situation ist anders als bei Jasmin Sternchen. Bei ihr wurde eine Diagnose gestellt, die der Arzt nun jetzt erst anzweifelt, nachdem der Hb im Verlauf von vielen Aderlässen auf 6 gerutscht ist. Ihm ist das gravierende Sinken des Hbs auf gefährliche Werte während des gesamten Verlaufs der Aderlasstherapie bislang nicht aufgefallen gewesen. Wenn wichtige Parameter deutlichst gegen eine Diagnose sprechen, sollte man nicht therapieren. bzw wenn, nur probeweise vorsichtigst. Bei Dir ist es anders, die Untersuchungen bzgl Eisen laufen und zumindest aus der Ferne des Internets besehen zufriedenstellend. Ich würde daher in Ruhe das Ergebnis des Gentests abwarten.
Aber ich versuche, Dir schon mal ein paar Hintergrundinfos für die Beantwortung Deiner Fragen zu geben, die Du dann aber besser auch dem behandelnden Arzt stellen kannst. Sollte Dein behandelnder Arzt Deine Fragen nicht beantworten können/wollen, ein Tip: Du warst ja bereits am UKE Hamburg-Eppendorf. Dort gibt es eine Eisenstoffwechselambulanz, die sich auch mit komplizierteren Fällen bezüglich Eisenüberladung bestens auskennen. Ich finde PD Dr. Dr. Peter Nielsen sowohl fachlich kompetent als auch nett. Er hat übrigens eine Internetseite zu Eisen:
http://www.eiseninfo.de/ mit Kontaktmöglichkeit.
Wie Du anhand der Laborzettel siehst, können erkrankungsbedingt diverse Laborwerte auffällig sein.
Ich weiss nicht, wie hoch Erys und Hb bei Dir vor Auftreten der Pankreatiden sonst so waren. Allgemein gesprochen, ohne speziell etwas zu Dir sagen zu können, können Blutungen und Zerfall von roten Blutkörperchen bei Pankreatiden zu einer Anämie führen, abhängig von Verlauf und Komplikationen.Ich würde jetzt an Deiner Stelle nicht rumgooglen nach diversen Anämien, sondern in Ruhe das Arztgespräch abwarten und dann den Arzt fragen, wie er Deine Werte sieht.
Zu einer erblichen HFE-Hämochromatose passen in der Tat eher im oberen Normbereich liegende Werte, weil ja massig Eisen zur Blutneubildung zur Verfügung steht. Man sieht das häufig bei frisch diagnostizierten Menschen mit genetischer Disposition für HFE-Hämochromatose, die dann beim ersten Aderlass aufgrund der noch vielen roten Blutkörperchen eine höhere Blutzähigkeit haben und es nicht ganz so flutscht.

Dennoch kann man bei erblicher HFE-Hämochromatose auch eine Anämie haben kann z.B. aufgrund von Erkrankungen.
Bei HFE-Hämochromatose ist die Transferrinsättigung chronisch erhöht. Also nicht 1 Mal erhöht und sonst immer normal, sondern sie ist meist schon seit dem Kindesalter dauerhaft erhöht.
Das Serumferritin kann bei jungen Menschen mit genetischer Disposition zu Hämochromatose noch unauffällig sein, steigt zumeist im Laufe des Lebens unbehandelt allmählich an, was anzeigt, dass die Körpereisenreserven ansteigen. Erhöhtes Serumferritin bei HFE-Hämochromatose zeigt also zumeist eine allmählich ansteigende Tendenz und geht nicht plötzlich mal kurz auf normale Werte zurück, sondern bleibt hoch und steigt unbehandelt meist weiter an.
Das Serumferritin zeigt nicht nur Körpereisenspeicher an, sondern auch entzündliche Prozesse und kann auch im Rahmen von Erkrankungen erhöht sein, z.B. bei Lebererkrankungen wie Leberfibrose.
Serumferritin kann also erhöht sein durch z.B. Eisenüberladung, Leberfibrose und Pankreatitis.
Mittels eines weiteren Entzündungparameters, dem CRP, kann man feststellen, ob ein erhöhtes Ferritin möglicherweise entzündungsbedingt falsch hohe Eisenreserven anzeigt. In solchem Falle ist das Serumferritin kein zuverlässiger Anzeiger mehr für Eisenreserven. (Auf Deinem Laborzettel findest Du CRP, schau auf den angegebenen Referenzbereich und Du kannst Dir selbst ein Bild machen.)
Auch Transferrin kann entzündungsbedingt unzuverlässige Werte geben (falsch niedrig). Dann wäre auch die aus Transferrin und Serumeisen errechnete Transferrinsättigung unzuverlässig.
Bei erblicher HFE-Hämochromatose ist die Transferrinsättigung meist sehr hoch.
Bei Serumeisen schwanken die Werte innerhalb eines Tages sehr, daher sollte man immer ungefähr um diesselbe Tageszeit messen, um ideale Messungsergebnisse zu haben und sie können entzündungsbedingt verändert sein. Eine Transferrinsättigung von beispielsweise nur 20 % spricht nicht für HFE-Hämochromatose, meines Wissens auch nicht bei Entzündung. In Deinem konkreten Falle hat das Dein Arzt zu beurteilen.
Zur Frage,Kann vielleicht mein Ferritin-Wert nur deshalb zu hoch sein, weil zu wenig Erys da sind, die das Eisen transportieren?
Grundsätzlich ungefähr ja: (wobei die Erythrozyten das Eisen nicht transportieren- transportieren tuts das Transferrin. In dem roten Blutfarbstoff der Erythrozyten, dem Hämoglobin, befindet sich jedoch sehr viel Eisen und Hämoglobin kann man als Sauerstofftransporter bezeichnen)
Wenn wenig Erys da sind, kann Ferritin niedrig, normal oder hoch sein, je nach Ursache, warum so wenig Erys da sind. Anämien mit erhöhtem Ferritin müssen aber nicht systemische Eisenüberladung bedeuten, weil erhöhtes Ferritin eben nicht immer Eisenüberladung anzeigt.
Ferritin kann bei bestimmten Anämieformen erhöht sein z.B. wenn das Eisen falsch verteilt ist oder nicht richtig verwertet werden kann. Bei Blutbildungsstörungen und Auflösung roter Blutkörperchen sieht man erhöhte Werte für Ferritin. Ferritin ist bei Anämien mit Hyperferritinämie meist nicht so stark erhöht wie bei erblicher Hämochromatose (es sei denn, Betroffene bekommen Bluttransfusionen).
Und da immer ungefähr die gleiche Menge Eisen ausgeschieden wird und ein Mechanismus fehlt, im Körper befindliches überschüssiges Eisen auszuscheiden, kann sich tatsächlich bei bestimmten Anämien Eisen ansammeln.
Die Transferrinsättigung kann bei Anämien mit Eisenüberladung erhöht sein. Und wie Du schon richtig vermutest, kann bei solchen Formen der Eisenüberladung eine Aderlasstherapie aufgrund der Anämie zumeist nicht durchgeführt werden. Es gibt Anämien mit Eisenüberladung, bei denen Bluttransfusionen notwendig sind und dadurch kann es zu hochgradiger Eisenüberladung kommen. Eisenbindende Medikamente ersetzen die sonst üblichen Aderlässe.
Vielleicht disqualifiziere ich mich mit diesen Fragen ja auch selbst
Du siehst, ganz im Gegenteil, alles berechtigte Fragen. Nochmal zusammengefasst:
-Eine nicht erhöhte oder nicht chronisch erhöhte, sondern nur einmalig erhöhte Transferrinsättigung bei sonst normalen Werten für Transferrinsättigung macht keinen Verdacht auf HFE-Hämochromatose.
-Hb und Erys sind bei Diagnose einer erblicher HFE-Hämochromatose pauschalisiert gesagt zumeist eher nicht niedrig.
-Bei Entzündungen kann Ferritin erhöht sein
-Ferritin kann aufgrund der Art einer bestehenden Anämie erhöht sein.
-Erhöhtes Ferritin kann bei einer Anämie Eisenüberladung bedeuten, die behandlungsbedürftig sein kann. Erhöhtes Ferritin muss aber nicht Eisenüberladung bedeuten.
Es gibt Anämien mit Eisenüberladung, Anämien mit erhöhtem Ferritin und erhöhter Transferrinsättigung und es gibt Anämien mit erhöhtem Ferritin ohne Eisenüberladung
Ob systemische Eisenüberladung bei Anämien oder Eisenüberladung bei HFE-Hämochromatose: überschüssiges Eisen kann man nicht durch einen Regulationsmechanismus des Körpers loswerden, weil es diesen nicht gibt.
-Und ja, die Aderlässe stellen bei Anämien mit Eisenüberladung ein Problem dar, daher gibt es Medikamente zum Eisenentzug.
Hoffe, Du kannst damit was anfangen

Die wichtigste Info, die ich geben möchte ist aber die: warte erstmal in Ruhe den nächsten Arztbesuch ab, auch wenn die Warterei nervt. Bald weißt Du mehr.
Liebe Grüße
Lia