Hallo,
schwieriges Thema.
Erythrozytenapherese/Aderlaßtherapie in Klinikambulanzen
als laufende Behandlung.
Die für uns schonendste Methode des Eisenentzugs Erythrozytenapherese ist im Gegensatz zu den herkömmlichen Aderlässen ein kompliziertes (kosten-)aufwendiges Verfahren mit Apparaturen, welche Hausärzten nicht zur Verfügung stehen.
So viel ich weiß, ist daher auch die Kostenübernahme mit den Krankenkassen vorab abzuklären. Der Grund dafür dürfte neben den reinen Kosten auch die "laufende Behandlung" in einer Klinikambulanz sein. Daher wird diese Methode des Eisenentzugs sicherlich nicht für geringgradige Eisenüberladung von den Kassen übernommen sondern nur dann, wenn es aufgrund der Art und Schwere der Erkrankung notwendig ist (=hochgradige Eisenüberladung oder wenn herkömmlicher Aderlaßtherapie aufgrund gesundheitlicher Verfassung nicht verträglich sind)
Im Gegensatz zur Erythrozytenapherese kann jeder Hausarzt in seiner Praxis die normalen Aderlässe durchführen, da man dazu nicht die Apparaturen der Erythrozytenapherese braucht. Daher kann sich eine Krankenkasse querstellen, wenn man normale Aderlässe in der Klinik macht, weil die Behandlung aufgrund der anderen Abrechnung im Krankenhaus teurer ist als in der Arztpraxis, so sagte mir jedenfalls meine Krankenkasse.
Herzecho u.derartige Untersuchungen in der Klinik hingegen stellen keine laufende Behandlung dar und fallen damit auch abrechnungstechnisch nicht in diesen Bereich.
Wie viele Aderlässe werden von der Kasse übernommen
Man bekommt so viele Aderlässe, wie für Art und Schwere der Erkrankung eines Patienten medizinisch notwendig und ausreichend sind.
Der Arzt entscheidet also über Häufigkeit und Abnahmemenge.
Man hat also nicht einfach so "ein Recht" auf wöchentliche Aderlässe oder eine bestimmte Abnahmemenge
Jedoch hat er sich an den wissenschaftlich begründeten aktuellen Leitlinien für Diagnostik und Therapie zu orientieren so es diese für Hämochromatose gibt (meines Wissens derzeit nur nur für die Diagnostik, nicht für die Therapie vorhanden).
Hier die Internetseiten (auch mit Suchmaske) für verschiedene Erkrankungen, für die aktuelle Leitlinien existieren
http://leitlinien.net/
http://www.versorgungsleitlinien.de/themen
Was bedeutet medizinisch notwendig und ausreichend bei Hämochromatose?
Man sollte denken, daß dies bedeutet: niedrigeres Ferritin als für "Nichtmutierte, aber ausreichend hoch, daß keine Anämiegefahr =Ferritin Zielbereich z.B.um die 50 ng/ml.
"Für Art und Schwere der Erkrankung eines Patienten medizinisch notwendig und ausreichend" ist aber gerade bei Hämochromatose ein dehnbares Satzkonstrukt.
Wenn ein Arzt einen Zielbereich von z.B. Ferritin 300 ng/ml für ausreichend hält, hat man als Patient meines Wissens kein Recht auf den niedrigeren Zielbereich, auch wenn dieser den allgemeinen derzeitigen Empfehlungen weltweit entspricht.
Ein Problem hierbei wieder einmal die aus meiner Sicht noch unzureichende Forschung, wie erhöhte Eisenwerte, erhöhtes Ferritin und auch erhöhte Transferrinsättigung zu bewerten sind hinsichtlich kurzfristiger direkter Schäden aber auch hinsichtlich einem erhöhten Risiko für verschiedene Erkrankungen auf lange Sicht.
Teilweise widersprechen sich Studien. Auch wenn zumindest klar scheint, wann ein idealer Zielbereich erreicht ist: "der" ideale Zielbereich ist dann, wenn das Eisen in optimaler Balance ist. Nicht so wenig Eisen, daß es zu Anämiesymptomen kommt und nicht so viel Eisen, daß es kurz-oder langfristig gesundheitliche Schäden (mit-) verursachen oder fördern kann.
Für Art und Schwere der Erkrankung eines Patienten medizinisch notwendig und ausreichend sind nach gesundem Menschenverstand und aus medizinischer Sicht Aderlässe also solange, bis das überschüssige Eisen entfernt ist und dann so viel Erhaltungsaderlässe, wie es braucht, um das Eisen in Balance halten.
Fragestellung-medizinisch notwendiger und ausreichender Zielbereich Ferritin
Im Gegensatz zu mit Medikamenten therapierbaren Erkrankungen gibt es bei Hämochromatose bis auf die Betroffenen selbst keine weitere Interessensvertretung für "ausreichende Dosierung", weil Hämochromatose im Gegensatz zu anderen Erkrankungen aufgrund der nichtmedikamentösen Standardtherapie für Pharmaunternehmen uninteressant ist. (Es sei denn, es kommt irgendwann die "Eisenentzugspille" für hämojedermann auf den Markt, welche den herkömmlichen Aderlaß ablöst.)
Ich will eigentlich keine düsteren Visionen malen, jedoch müssen wir damit rechnen, daß es irgendwann aufgrund der Belastung für Praxen bei den personal-und zeitaufwendigen Aderlässen zumindest dazu kommen wird, daß der Versuch unternommen wird, daß wir nur noch gerade mal so viel Aderlässe bekommen, wie es braucht, um nicht die klassischen Organschäden Leberzirrhose usw bekommen...sprich im schlimmsten Falle Ferritin unter z.B. 900 ng/ml führen und da halten und das wars. Dann wäre nichts mehr mit Zielbereich 20-50 ng/ml.
Aderlässe machen bis 900 ng/ml Ferritin oder etwas darunter könnte nach dieser Vision das medizinisch Notwendige und Ausreichende darstellen. Auch wenn die Patienten dann eine deutlich erhöhtes Risiko für diffuse Erkrankungen für Krebs und bakterielle Infektionen etc haben.
Bei einem Ferritinzielbereich von Ferritin 900 ng/ml oder auch 700 ng/ml oder auch 300 ng/ml passiert ja nicht gleich "was"....
Ich sehe einen Trend zu höherem Zielbereich. Und ich verfolge das mit Sorge, weil dies auch Patientenorganisationen "mittragen" und ich mir nicht sicher bin, ob alle Patientenorganisationen kritisch genug beäugen, ob z.B. bei Kongressen über das Thema immer das (kurz-UND langfristige) Wohl des Patienten im Zentrum steht oder ob da nicht andere Zwecke recht erfolgreich verfolgt werden.
Meine Sicht ist, solange es keine negativen Auswirkungen für einen Hämo gibt, wenn ab Ferritin 50 ng/ml ein Erhaltungsaderlaß folgt, sollte der Hämo auch einen Aderlaß machen dürfen, da sich dieser Zielbereich bewährt hat.
Sollte man nach sorgfältigen und nur am Wohl des Patienten orientierten Studien (welche neben dem Ferritin auch die Transferrinsättigung berücksichtigen und welche auch Langzeitfolgen eines höheren Zielbereichs mitberücksichtigen) tatsächlich zu der neuen Ansicht kommen, daß wir einen anderen Zielbereich brauchen, dann ok. Diese Ergebnisse solcher Studien dürften, da man auch Langzeiterfahrungen braucht, eine Weile auf sich warten lassen.
Langer Rede kurzer Sinn:
derzeit obliegt es dem behandelnden Arzt, zu entscheiden, was er als medizinisch notwendig und ausreichend ansieht.
Wenn man das als Betroffener nicht als ausreichend ansieht, z.B weil eine Leberambulanz einer Klinik häufigere Aderlässe aufgrund noch nachgewiesenermaßen erhöhter Lebereisenkonzentration empfiehlt, dann wird man eventuell nicht darum herumkommen, einen anderen niedergelassenen Arzt zu suchen, der dann die Therapie gemäß der Therapieempfehlung der Klinik durchführt.
Liebe Grüße
Lia