Hallo Jasmin,
vielen Dank ,dass Du Dir die Mühe gemacht hast.
Damit kann man etwas klarer sehen.
Ferndiagnosen dürfen und können wir hier sowieso nicht geben. Es sollte sich ein Arzt Deiner annehmen, der sich mit Hämochromatose und der Differentialdiagnostik richtig auskennt, weil er sich schon Jahre damit auseinandersetzt. Oder der behandelnde Arzt ohne langjährige Erfahrung bildet sich nun entsprechend weiter.
Klar ist: Nicht jede Ferritinerhöhung darf mit Aderlässen behandelt werden.
Ich gebe Dir jetzt Hintergrundinformationen, die Dir Hinweise geben können, Deine Situation besser einzuschätzen, weil Du dann etwas Sachkenntnis hast. Vorsicht, lang.

Eine Diagnostik und Therapie kann und soll das natürlich NICHT ersetzen, es sind nur allgemeine Informationen
Transferrinsättigung
Normbereich dieses Eisenlaborparameters ist bis ca 45%.
Transferrinsättigung bei Dir (ist auf Laborzettel die Abkürzung trfs): 20,7% , also völlig unauffällig.
Eine unauffällige Transferrinsättigung weist NICHT auf die übliche erbliche Form der Eisenüberladung, also nicht auf die sogenannte HFE-Hämochromatose hin. NUR eine deutlich erhöhte Transferrinsättigung lässt einen Verdacht auf HFE-Hämochromatose zu, sprich: ist die Transferrinsättigung nicht deutlich erhöht, ist nach anderen Erklärungen für ein chronisch erhöhtes Serumferritin zu suchen.
Es kann allerdings dennoch bei unauffälliger Transferrinsättigung eine Eisenüberladung vorhanden sein. Entweder eine erworbene Form oder aber eine seltenere erbliche Form der Ferritinerhöhung.
Diese Formen der Hyperferritinämie=Ferritinerhöhung dürfen aber nicht immer mit Aderlässen behandelt werden, weil sie je nach Ursache der Ferritinerhöhung zu einer Anämie führen können.
Treten erhöhte Ferritinwerte und unauffällige Transferrinsättigung familiär bedingt gehäuft auf, so spricht dies für eine erbliche Form von Ferritinerhöhung bei unauffälliger Transferrinsättigung.
Ferritin
Chronisch erhöhtes Ferritin bedeutet noch nicht Eisenüberladung. Es gibt verschiedene mögliche Ursachen für Ferritinerhöhungen.
Ferritin bei erblicher Disposition für HFE-Hämochromatose: bei jungen Frauen ist das Serumferritin typischerweise noch unauffällig bis nur leicht erhöht, wohingegen die dabei typischerweise deutlich erhöhte Transferrinsättigung schon Hinweise auf das mögliche Vorliegen der genetischen Disposition geben kann.Ein Ausgangsferritin bei einer jungen Frau von bsp. 1000 ng/ml wäre für HFE-Hämochromatose ungewöhnlich hoch. Sieht man solche hohe Ferritin- Werte bei einer nachgewiesenen genetischen Disposition für HFE-Hämochromatose (positiver HFE-Gentest) bei einer jungen Frau, sind zusätzliche Faktoren zu vermuten.
Dein Ausgangsferritin war >1000 ng/ml.
Serumeisen
Serumeisen ist bei HFE-Hämochromatose typischerweise erhöht.
Normbereich Serumeisen je nach Labor: 40-150 µg/dl.
Dein Serumeisen auf dem Laborzettel ist 115 µg/dl, also unauffällig.
Hämoglobin
Normbereich Hb für Frauen: 12-16 g/dl
Dein Hb-Wert war vor oder zu Beginn der Aderlasstherapie am 18.6.2011 hb 13,1 (g/dl), also im Normbereich.
Erst während der Aderlasstherapie ist er so gravierend abgesunken.
Liegt eine Eisenüberladung vor, dann verträgt man in der Regel die Aderlässe trotz kurzer Intervalle sehr gut und der Hb- Wert stabilisiert sich schnell wieder, wenn auch auf einem etwas niedrigeren Niveau.
Vor dem Aderlass sollte der Hb immer 11-12 g/dl betragen, manche Ärzte machen auch noch bei 10,5 g/dl einen Aderlass, aber drunter ist Schluss, alles andere wäre ein Ausbluten des Patienten!
Nur ein Patient mit Hb von mindestens ca.10,5-12 g/dl ( je nach AusgangsHB vor Beginn der Aderlasstherapie un individuellem Wohlfühlen) ist aderlassfähig.
Liegen die Werte tiefer, ist der Patient NICHT aderlassfähig und es muss mit den Aderlässen gestoppt werden! Daher muss der Hb-Wert vor jedem Aderlass gemessen werden, ob der Patient überhaupt einen Aderlass bekommen darf!
Leberwerte
Bei sehr hohem Ferritin können bei Eisenüberladung erhöhten Leberwerte vorhanden sein,
Bei Dir sind sie trotz hohen Ausgangsferritins normal, es gibt laut Arzt kein Hinweis auf einen Leberschaden.
Hier einige erbliche Formen von Ferritinerhöhung bei unauffälliger Transferrinsättigung und ohne Anämie (bzw wenn zu Beginn einer Aderlasstherapie Hb noch normal ist und während einer Aderlasstherapie eine Anämie auftritt):
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Ferritinerhöhung durch Ferroportin- Mutationen"Ferroportin-Disease"
und davon die sogenannte "klassische Form", bei der Transferrinsättigung normal ist.
Ferroportin-Mutationen sind nach HFE-Hämochromatose die häufigste Ursache für erbliche Eisenüberladung, also gar nicht so selten und wir haben damit auch jemand im Forum.
Erbgang ist autosomal-dominant (Kennst Du vielleicht noch aus der Schule, ansonsten helfen wird Dir da weiter. ) Es kann zu Leberfibrose kommen, muss aber nicht. Leberwerte können unauffällig sein.
Aderlässe werden schlecht vertragen und können zu Anämie führen.
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Hyperferritinämie-Katarakt Syndrom,
Ist familiär auftretende deutliche Ferritinerhöhung plus frühzeitig im Leben, (z.B. schon als Kind/Jugendlicher) auftretender
grauer Star.
Sehr selten, aber in Deutschland beschrieben. Tritt in der Familie Grauer Star nicht gehäuft auf, dann spricht das klar gegen das Vorhandensein dieser seltenen Erkrankung.
Der Erbgang ist autosomal-dominant. Serumeisen ist unauffällig.
Aderlässe führen zu Anämie.
Die Betroffenen bekommen trotz hohen Serumferritins keine Leberschäden oder andere Krankheitssymptome von Hämochromatose.
So, das wärs erst mal an Infos von mir. Habe Dir jetzt diverse Hintergrundinformationen gegeben, Du kannst sie selbst bewerten und auf Dich anwenden und entscheiden, ob Du ein Gespräch mit Deinem Arzt und/oder Zweitmeinung für sinnvoll hältst. Hoffe, es war einigermaßen verständlich. Alles, was ich Dir geschrieben habe, ist Stand der Medizin und kann ich bei Bedarf belegen, auch mit weiterführender Literatur, falls das den Arzt interessiert.
Würde mich sehr interessieren, wie Dein Gentestergebnis aussieht. Und auch das von Deinem Vater.
Wenn Du magst, kannst Du mir das mitteilen, auch per PN. Steht da was von Homozygotie C282Y?
Bei der Suche nach einer geeigneten Zweitmeinung könnte ich Dir evtl helfen oder Du wendest Dich an die Hämochromatose-Vereinigung Deutschland e.V.
Normalerweise bin ich sehr deutlich immer für die Unterstützung des Arzt-Patientenverhältnisses.
Hier halte ich mich zurück, denn der Arzt hätte z.B. auch wenn er sich seiner Sache mit dem Vorhandensein einer Hämochromatose sicher war, jeweils vor dem Aderlass den Hb-Wert messen müssen und allerallerwenigstens mal irgendwann im Verlauf der Aderlässe mal messen sollen.
Ich fände es klasse, wenn Du weiter berichtest, wie es bei Dir und Deinen Verwandten weitergeht, die das ja dann wahrscheinlich auch betreffen wird. Was haben sie denn für eine Hämochromatose-Diagnose bekommen? Vertragen sie Aderlässe? Man sollte bei Deinen Verwandten jetzt schon schauen, wie Hb aussieht, nicht dass man sie evtl auch noch ausbluten lässt.
Ich würde -wenn ich Du wäre- nicht bis zum 6.3. in diesem Zustand einfach nur abwarten, sondern zügig mit ärztlicher Hilfe etwas unternehmen, dass der Hb gesundheitsverträglich möglichst schnell wieder nach oben kommt. Dein Körper ist nicht gewöhnt an tiefe Werte und schon gar nicht an so tiefe. Und Du kannst nach den Hintergrundinfos dem Arzt evtl. jetzt auch schon richtungsweisend etwas sagen, natürlich nur freundlich und vorsichtig, damit Du zügiger Land siehst.

Wenn Du Fragen hast, stell sie ruhig.
Liebe Grüße
Lia
(Wenn Du nicht Deinen ganzen Laborzettel gepostet haben möchtest, kann ich Deinen Beitrag übrigens editieren, dann sind nicht alle Werte aufgelistet)