Hat schon jemand Erfahrungen mit ACC gemacht?
Hallo Konrad,
nur Erfahrung als Schleimlöser -es schmeckte glaub ich nicht doll

. Aufs Ferritin schaute ich damals nicht. Als am Freitag das Forumstreffen ohne mich stattfand

, wollte ich halbwegs fit die Zeit dem Forum widmen und habe Suchmaschinen zu N-Acethylcystein bemüht.
Vorsicht ist ein langer Beitrag geworden- bitte um Nachsicht...
Schleimlöser
Als Schleimlöser ist die Wirksamkeit umstritten, wie Dokanja schon schrieb.
Helios-Klinikum Erfurt sagt:"Wir wenden ACC nicht als Mukolytikum an, da die Mehrzahl und evidenten Studien, allen voran die BRONCUS TRIAL Studie darstellten, das ACC die von ihm erwarteten Wirkungen in der klinischen Praxis nicht erfüllt." Quelle
http://www.helios-kliniken.de/klinik/er ... t-acc.html
Ferritin- Abfall bei Hämochromatose
Das Serumferritin sinkt bei der Aderlasstherapie nicht linear bei jedem Aderlass ab, sondern kann zwischendurch sogar ansteigen.
Serumferritin kann bzgl Anzeige der Eisenspeicher durch verschiedene Faktoren falsch hoch ausfallen (z.B. bei vorhandenem Leberschaden, Infekt, Entzündung). Auch ganz ohne Aderlass kann es bei Hämochromatose-Betroffenen zu einem Abfall des Serumferritins auf dem Laborzettel kommen, ohne dass das niedrigere Serumferritin definitiv auf eine Reduktion des Lebereisens zurückführen wäre.
Und Dein letzter Aderlass war wahrscheinlich noch nicht lange her- daher gesteigerte Butneubildung.
N-Acethylcystein als Eisenchelator
Auch wenn N-Acetylcystein (Abk. NAC) ein Chelatbildner ist und bei anderen Schwermetallen wie Chrom und Cadmium sehr wirksam ist, NAC ist kein potenter Chelator für Eisen. Ansonsten gäbe es Grund zum Jubeln: aufgrund des geringeren Nebenwirkungsspektrums und der niedrigeren Kosten würde er die drei in Deutschland gegen Eisenüberladung zugelassenen Medikamente wie z.B. Deferasirox ablösen und erst recht das aufwendige Deferoxamin, das nicht oral gegeben werden kann.
Alle drei dieser Eisenchelatbildner sind weniger wirksam als Aderlässe.
Wenn N-Acetylcystein einen Ferritin-Abfall von 150 ng/ml allein verursachen könnte, wäre das während Deines Infekts eingenommene NAC sehr viel wirksamer gewesen als alle für Eisenüberladung zugelassenen Medikamente und fünf Mal wirksamer als ein Aderlass a 500 ml, bei dem über den Daumen gepeilt das Ferritin um 30 ng/ml fällt. Ich halte es aber für möglich, dass NAC einer von mehreren Faktoren für gesunkenes Serumferritin sein könnte.
Jetzt frage ich mich, warum verwendet man ACC nicht auch in der Erwachsenen-Medizin bei HC? Reden die anderen Mediziner nicht mit Kinderärzten?

Bei neonataler Hämochromatose, einer zumeist tödlich verlaufenden, nicht erblichen Eisenüberladung des Neugeborenen, gehört dieses starke Antioxidans zur Therapie.
Da die Möglichkeiten der Therapie erwachsener Hämochromatosepatienten bei weitem effektiver sind als die Therapieoptionen, die man bei dem schwerstkranken Babys bei neonataler Hämochromatose hat, würde ich diesen Vorwurf nicht unterstellen. (Vorsicht

, wir haben Kinderärzte hier im Forum

)
Zumal NAC meines Wissens durchaus bei Lebererkrankungen des erwachsenen Patienten zum Einsatz kommt. Immer dann, wenn man eine antioxidative Therapie u.a. auch mit Vitamin E anbietet und/oder wenig durchschlagskräftige Therapiemöglichkeiten hat.
Die Aderlässe sind eine hocheffektive Therapie, um den Eisenschuss- die Wurzel des Übels- zu entfernen. Diverse Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Häufigkeit von Aderlässen durch bestimmte Stoffe (etwas) reduziert werden kann. Untersuchungen gibt es z.B. zu
Schwarztee, dem Magenmedikament
Pantoprazol und dem
Silybin der Mariendistel, die bei Lebererkrankungen eigesetzt wird. ( Zu Silybin schreibe ich demnächst. )
Die Studienlage ist dürftig, folgendes habe ich gefunden:
NAC und Eisen
1.Studie mit akut eisenüberladenen Ratten
Bei einer Untersuchung zu eisenbedingten Schäden an Herz und Leber waren bei akut eisenüberladenen Ratten die Zeichen für Gewebeschäden wie Serum-LDH, Aktivität von ALT und AST (Leberenzyme), MDA Gehalt in Herz und Leber und Stress-Spiegel im endoplasmatischen Retikulum allesamt erhöht.
NAC (150 mg/kg, s.c.) erniedrigte die Werte dieser Parameter bei akut eisenüberladenen Ratten.
Zitat "Serum LDH, ALT and AST activity, MDA content in the heart and liver and levels of ER stress markers were all increased in acute iron-loaded rats. N-Acetylcysteine (150 mg/kg, s.c.) lowered the levels of these parameters in acute iron-loaded rats."
Wenn ichs recht gelesen hab,gab es auch Untersuchungen mit Ratten, die eine chronische Eisenvergiftung hatten. (Unsere HFE Hämochromatose ist auch eine chronische Eisenvergiftung und nicht eine akute Eisenvergiftung mit einer Einmaldosis.) Ob bei chronischer Eisenüberladung NAC wirksam sein könnte, steht bei dem mir vorliegenden Abstract leider nicht-Quelle
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19594550 (Volltext nicht frei)
2.
Molecular Pharmacology of the Interaction of Anthracyclines with Iron
Anthracykline wie Doxorubicin sind Antibiotika, die bei der Tumortherapie zum Einsatz kommen. In hohen Dosen kann es zu einer Herzmuskelentzündung kommen. Anthracycline interagieren mit Eisen: Einerseits fördert Eisenüberladung eine durch Anthracyclin induzierte Zellschädigung und andererseits kann eine durch Anthracyclin induzierte Herzmuskelentzündung mit Eisenchelatoren wie z.B. Deferoxamin gebessert werden.
Bei der Interaktion von Anthracyclinen mit Eisen könnte der Radikalfänger NAC der gesteigerten ROS-Produktion und Ferritinakkumulation vorbeugen, steht in dieser Untersuchung.
"Further experiments revealed that the ROS scavenger N-acetylcysteine could prevent enhanced ROS production and ferritin accumulation after doxorubicin treatment."
Quelle
http://molpharm.aspetjournals.org/conte ... l.pdf+html
(free full text)
NAC bei Lebererkrankungen
1.Nichtalkoholische Fettlebererkrankung
In diesem Skript der Uniklinik Heidelberg von 2002 empfiehlt Stremmel u.a. bei nIcht alkoholischen Fettlebererkrankungen Fettleber/NASH die Einnahme von NAC als Antioxidans:
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/u ... skript.pdf
2. Hepatitis C
In einer Studie mit Hepatitis-C Patienten bewirkte die tägliche Gabe von 600 mg NAC eine bessere Effektivität der Interferontherapie, eine andere Studie bestätigte dies allerdings nicht.
Ungeachtet dessen schützt NAC gegen schädliche oxidative Prozesse von Immun-Faktoren (Cytokine und Chemokine), die in der Leber als Reaktion auf Schwermetallbelastung freigesetzt werden.
Zitat"In a study of people with hepatitis C, 600 mg daily of NAC enhanced the effectiveness of interferon therapy. However, another study did not confirm this finding. Regardless, NAC protects against damaging oxidant-producing immune factors called cytokines and chemokines released in the liver in response to heavy-metal exposure. "
Quelle
http://www.chiro.org/nutrition/FULL/Can ... nted.shtml
3. Transplantfreies Überleben bei Leberversagen
Einer Studie zufolge könnte N-Acetylcystein auch bei Leberversagen, welches nicht durch Paracetamol hervorgerufen ist, das transplantfreie Überleben verbessern.
Zitat: "...war das transplantfreie Überleben signifikant in jener Gruppe besser, die N-Acetylcystein erhielt (40%) als jene Gruppe, die Placebo erhielt (27%).
Auffallend ist, dass dieser Effekt vor allem bei jenen Patienten ausschlaggebend war, die lediglich eine milde hepatische Enzephalopathie (HE Grad I bis II) hatten. In dieser Subgruppe überlebten ohne Transplantation 52% der Patienten, die N-Acetylcystein bekamen, während lediglich 30% der Patienten in der Placebo-Gruppe ohne Transplantation überlebten."
(...)
"Insgesamt war die Notwendigkeit einer akuten Transplantation geringer in der N-Acetylcystein-Gruppe als in der Placebo-Gruppe (32% versus 45%). Dies bedeutet, dass Patienten mit hepatischer Enzephalopathie Grad I bis II um den Faktor 2,5 häufiger überleben, wenn sie N-Acetylcystein bekommen als Patienten in der Placebo-Gruppe. Darüber hinaus war bei Patienten, die N-Acetylcystein erhielten, die Spitalsliegedauer deutlich kürzer (9 versus 13 Tage). Schwerwiegende Nebenwirkungen durch die Therapie wurden nicht festgestellt, lediglich Übelkeit und Erbrechen trat mit 24% signifikant häufiger auf"...
Quelle +Kontaktadresse zum Autor des Textes Studien-Abstract (engl.) und deutscher Kommentar:
http://www.medicom.cc/medicom-en/inhalt ... rsagen.php
4. Porphyria cutanea tarda
Bei Porphyria cutanea tarda, einer Erkrankung, bei der es u.a. auch zu Eisenüberladung kommt: scheint der Nutzen fraglich.
"N -acetylcysteine has been used, but the efficacy is questionable. Studies have used N -acetylcysteine in PCT elicited by HIV, HCV, and hemodialysis with some benefit"
Quelle
http://emedicine.medscape.com/article/957765-treatment
Man könnte mal bei PCT-Patienten nachfragen, die NAC erhielten, ob sie als Begleiteffekt eine Eisenreduktion zu verzeichnen konnten...
Kritische Anmerkungen
-Nicht alles, was mir als Laien auf den ersten Blick hilfreich erscheint, bringt sicheren Nutzen.
Die hochdosierte Einnahme eines einzelnen starken Antioxidans könnte das Gleichgewicht zwischen Oxidanzien und Antioxidanzien gefährden und damit potentiell in hohen Dosen sogar schaden?
-Studien: Die Studienlage ist dürftig. Und viele Untersuchungen werden nur in vitro gemacht, also nicht am lebenden Organismus. In manchen Studien gezeigte Wirkungen zeigen sich erst bei hohen Dosen NAC, man müsste dann unrealistische Mengen ACC einnehmen, um den gezeigten Nutzen zu erzielen.
-Unerwünschte Nebenwirkungen sind wie bei allen Medikamenten möglich, wenn auch ACC nebenwirkungsarm ist (zumindest oral in üblichen Dosierungen)
-NAC wird nicht nur in der Sportlerszene, sondern auch in nicht immer seriösen Gesundheitskreisen als Wunderwaffe gepriesen (und sicher geht das nicht gegen Herstellerinteresse).
Kurzum:
Finde Deine Idee sehr interessant.

Wäre meiner Ansicht nach eine Studie wert:

: Bringt NAC bei Hämochromatose-Patienten einen Nutzen für Eisenstatus und Leber?
Klar, niemand sollte sich jetzt Mengen von NAC reinschmeißen....sowieso alles immer mit dem Arzt absprechen. Der Aderlass ist DIE Therapie.
Bei schwerstkranken Hämochromatotikern, bei denen Aderlässe und die bekannten wirksamen Eisenchelatoren gesundheitlich nicht möglich sind, könnten neben entsprechender Ernährung gut verträgliche Mittel wie NAC und Sylibin womöglich wenigstens etwas die weitere Eisenüberladung verlangsamen und einen positiven Effekt auf die Leber haben. Eher ein Tropfen auf den heißen Stein, aber besser als gar nichts.
Liebe Grüße und danke, wer sich bis hierhin durchgelesen hat.
Lia