Hallo Goran,
Nun komme ich dazu, Dir zu schreiben.
Paar Hintergrundinformationen zu Deinem Testergebnis, Fettleber und Eisenüberladung:
Dein Gentestergebnis erbrachte eine sogenannte kombinierte Heterozygotie.
Meistens sind die Betroffenen von Hämochromatose C282Y homozygot (C282Y/C282Y), manchmal aber auch wie bei Dir: kombiniert heterozygot (C282Y/H63D).
Das versuche ich mal zu erklären:
Die Erbinformation liegt in doppelter Form vor. Sowohl von Vater als auch von der Mutter hat man eine Genkopie geerbt. Um eine Erkrankungswahrscheinlichkeit für Hämochromatose zu haben, müssen beide Genkopien diese Genveränderung haben. Beide Gene haben in diesem Fall die Mutation C282Y, das bedeutet: Cys282Tyr homozygot. (C282Y/C282Y).
Allerdings gibt es noch andere Genkonstellationen, die zu Hämochromatose führen können, denn es gibt noch andere Mutationen im HFE-Gen, die ebenfalls die Eisenspeicherung beeinflussen: Die H63D-Mutation (bei Deinem Laborzettel: His63Asp) ist sehr häufig und für sich gesehen unproblematisch. Hat man aber von einem Elternteil die C282Y-Mutation (heterozygot) und vom anderen Elternteil die H63D Mutation (heterozygot) geerbt, ist man wie Du:
kombiniert heterozygot (C282Y(H63D).
(Die kombinierte Heterozygotie wird auch Compound Heterozygotie genannt = bedeutet dasselbe.) Das kann eventuell Eisenüberladung verursachen oder begünstigen. Falls man mit kombinierter Heterozygotie Eisenüberladung hat, dann meist geringgradig.
Die C282Y/H63D kombinierte Heterozygotie macht daher seltener Gesundheitsprobleme als die C282Y Homozygotie. (Es gibt aber auch ab und an Patienten mit hochgradiger Eisenüberladung und sehr hohem Ferritin >1000 ng/ml bei Diagnose.)
„Wildtyp“ heißt in der medizinischen Genetik übrigens nur so viel wie: die normale unmutierte Form des Gens.
Du bist zwar C282Y/H63D kombiniert heterozygot, daher hast Du jeweils auch den Wildtyp, die unmutierte Form des Gens.
C282Y/H63D kombinierte Heterozygotie = C282Y/Wildtyp kombiniert mit H63D/Wildtyp.
Die Genmutationen bestimmen noch nicht allein über den Grad der Eisenspeicherung, sondern verschiedene Faktoren wirken mit.
Solche modifizierende Faktoren sind u.a.:
-Lebensalter und Geschlecht: männlich oder weiblich. Frauen verlieren bei monatl. Blutverlust und Geburten Eisen, Männer nicht. Eisenüberladung entsteht bei der normalen Form der Hämochromatose erst in erwachsenem Lebensalter, bei Frauen meist erst deutlich später als bei Männern.
-Ernährung: Ernährung mit viel (rotem) Fleisch sowie Alkoholkonsum fördern Eisenüberladung
-Sport: Sportler insbesondere Läufer verlieren mehr Eisen als unsportliche Menschen.
Wichtig zu wissen ist, dass das im Blut gemessene Ferritin auch bei Leberschaden, Entzündungen und verschiedenen Erkrankungen ansteigen kann, in solchem Fall dann nicht die tatsächlichen Körpereisenreserven anzeigt.
Menschen mit Fettleber haben auch ohne Hämochromatose-Mutation häufig erhöhtes Ferritin, auch wenn die Körpereisenreserven gar nicht wirklich sehr hoch sind. Dann besteht die Therapie hauptsächlich in der Beseitigung der Ursache für die Fettleber. Nur wenn davon auszugehen ist, dass auch eine (leichte) Eisenüberladung bei Fettleber vorliegt, können ein paar Aderlässe als Teil der Therapie sinnvoll sein.
Dein Ferritin zum Diagnosezeitpunkt war mit 447 nicht sehr erhöht.
Der Ultraschall und der Fibroscan ergaben folgendes:
Steatosis hepatis Grad III = Steatose der Leber Grad 3 bedeutet:
Bei einer Steatose der Leber wird vermehrt Fett in das Lebergewebe eingelagert, eine solche Leber nennt man Fettleber.
Es gibt sehr viele mögliche Ursachen für eine Fettleber und sie ist sehr häufig: jeder vierte in Deutschland hat eine Fettleber, wie das in Kroatien ist, weiss ich nicht, vermutlich ähnlich. Die Fettleber kann durch Erkrankungen wie Hämochromatose oder Diabetes mellitus entstehen, oder Medikamente, aber zumeist ist sie Wohlstandsfolge durch „westlichen üppigen Lebensstil“ (Übergewicht, ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, übermäßigen Alkoholkonsum)
Eine Fettleber merkt man meist nicht, da sie oft keine Beschwerden macht, Grad 3 bedeutet allerdings bereits eine fortgeschrittene Fettlebererkrankung, eine stark ausgeprägte Fettleber, bei der in mehr als 2 Drittel der Leberzellen Fett eingelagert ist. Das Risiko für Entzündungen der Leber und Entwicklung eines schwereren Leberschadens steigt bei einer ausgeprägten Fettleber an.
Fibrose der Leber f0-f1 (3,3 kPa) fehlende (=f0) oder nicht signifikante (=f1) Fibrose bedeutet: keine oder nur geringgradige Fibrose
Die transiente Elastographie (Fibroscan) ist ein Ultraschallverfahren, bei dem man die Lebersteifigkeit misst und so das Ausmaß einer Leberfibrose einschätzen kann. Werte für Lebersteifigkeit in kPa: Werte < 7,0 kPa sprechen für fehlende bzw. milde Fibrose (METAVIR F0–F1), Werte > 12,5 kPa für Zirrhose (METAVIR F4). Bei Dir wurden 3,3 kPa gemessen.
Therapie
Ohne Kenntnis von weiteren Laborwerten (der Transferrinsättigung und Hämoglobin-Wert) und Gesundheitszustand kann man von der Ferne des Internets nicht beurteilen, ob und wie viele Aderlässe Du tatsächlich brauchst.
Die Frage ist, welche Faktoren zu der fortgeschrittenen Fettleber geführt haben. Wenn es mehrere Ursachen gibt, ist es wichtig, alle zu erkennen und alle schädigenden Einflüsse zu beseitigen.
Sehr häufig sieht man eine Fettleber im Rahmen des Metabolischen Syndroms als Folge ungesunden Lebensstils (Übergewicht bzw. zu viel Bauchfett, Insulinresistenz bzw. Typ 2-Diabetes, hoher Blutdruck, erhöhte Fettstoffwechselwerte). Ist das bei Dir so? Wichtig ist dann Ernährungsumstellung auf gesunde Kost, Bewegung, Abbau von Übergewicht. Mehr:
https://www.gemeinschaftspraxis-lux.de/ ... ndlung.pdf.
Fettleber kann durch leberschädigende Substanzen wie berufliche Giftstoffe oder leberschädigende Medikamente entstehen. Falls Du leberschädigende Medikamente einnimmst, teile diese Deinem Arzt mit, damit sie durch geeignetere ersetzt werden können. Alkohol trinkst Du ja wenig, darauf würde ich ganz verzichten, solange die Leber nicht wieder ok ist.
Die Leber kann sich wieder richtig gut erholen, wenn noch kein irreparabler Schaden entstanden ist, das ist die gute Nachricht. Dafür ist allerdings wichtig, möglichst ALLE schädigenden Einflüsse wegzulassen und es braucht etwas Geduld.
Die C282Y/H63D kombinierte Heterozygotie kann durch eine Eisenbelastung der Leber mit zum Leberschaden beitragen oder ihn auch alleine verursachen (Bei Dir könnten es wie bei vielen Patienten mehrere Faktoren sein, frag mal Deinen Arzt.)
2018 war mit 250 das Ferritin noch niedriger und vermutlich im vom Labor angegebenen Normbereich. Ein über die Jahre ansteigendes Ferritin könnte mit Hämochromatose-Mutationen zusammenhängen.
Du beginnst nächste Woche mit einer Aderlasstherapie. Du bist nicht C282Y homozygot, sondern kombiniert heterozygot und Du hast glücklicherweise nur ein leicht erhöhtes Ferritin. Ohne Kenntnis weiterer Laborwerte (Transferrinsöttigung >45%?) und Deines Gesundheitszustands (Metabolisches Syndrom, Diabetes, Alkohol, Medikamente?) kann man nicht gut beurteilen, ob überhaupt Eisenüberladung der Leber wahrscheinliche Ursache für die Erhöhung des Serumferritins ist.
Wenn der Arzt bei Dir Aderlässe empfiehlt, sollte man vorsichtig vorgehen - nicht zu viele Aderlässe insgesamt und nicht zu viele Aderlässe in zu kurzen Abständen. Man sollte gut auf die Entwicklung der Laborwerte achten während Deiner Aderlasstherapie - auf Ferritin und auch auf den Hämoglobinwert, damit die Werte nicht zu sehr absinken und mit den Aderlässen gegebenenfalls frühzeitig stoppen, damit es nicht zu Eisenmangel oder einer Anämie kommt.
Daher sollte man das Ferritin nicht auf zu tiefen Zielwert absenken und beachten, dass bei einer kombinierten Heterozygotie das Ferritin nicht so weit abgesenkt werden soll wie bei der C282Y Homozygotie (laut der meisten Fachleute).
Du kannst Deinen Arzt mal fragen, auf welchen Ferritinbereich er das Ferritin mit den Aderlässen senken möchte und wie oft Ferritin und Hämoglobin-Wert gemessen werden sollen, ob z.B. vor jedem Aderlass.
Das wäre es erstmal von mir, ich hoffe ich konnte Deine Fragen beantworten und Dir etwas Wissen an die Hand geben. Wenn Du etwas nicht verstehen konntest, gib Bescheid (das Medizinische ist ja schon mit Deutsch als Muttersprache schwer zu verstehen…

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Liebe Grüße
Lia