Hallo Julie,
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Hämochromatose (erbl. Form) ist gekennzeichnet durch erhöhte Transferrinsättigung und unbehandelt fortschreitende Eisenüberladung (d. Leber). Wenn ich es recht lese, war bei Deinem Vater Hämochromatose diagnostiziert bzw. er bekam Aderlasstherapie. Eigentlich sollte bei Verwandten 1. Grades eine Testung auf Hämochromatose angeboten werden. War das bei Dir nicht der Fall? Man kann, muss aber nicht unbedingt als Verwandter 1. Grades einen Gentest machen (müssen tut man da eh nix

). Mit Blick auf verschiedene Eisenwerte erhält man Hinweis, ob Hämochromatose-Disposition naheliegt. Neben Ferritin ist auch die Transferrinsättigung für die Diagnose wichtig. Wurde die bei Dir gemessen? Gentest positiv mit C282Y Homozygotie bedeutet, Diagnose ist dann gesichert.
Die neue EASL-Leitlinie 2022 schreibt dazu:
Genotypisierung auf C282Y in HFE sollte bei Personen europ. Herkunft mit biochem. Nachweis einer Eisenüberladung (Frauen mit Transferrinsättigung >45% und Serumferritin >200 µg/L und Männer mit Transferrinsättigung >50% und Ferritin >300 µg/L oder anderweitig ungeklärter, anhaltend erhöhter Transferrinsättigung) mit oder ohne klinische Anzeichen oder Symptome, die auf eine Hämochromatose hindeuten, durchgeführt werden (LoE 2, starke Empfehlung, starker Konsens).
Erwachsene (>18 Jahre) Verwandte 1. Grades von Patienten mit C282Y-homozygoter Hämochromatose sollten auf die C282Y-Variante in HFE getestet werden (LoE 4, starke Empfehlung, starker Konsens).
Bei erhöhtem Ferritin kann nach Diagnose mit Aderlass begonnen werden.
(Ferritinhöhe 600 hat sich vermutl. der Arzt als seinen persönlichen Grenzwert zusammengebastelt, ab dem er handeln will- m.W.nicht evidenzbasiert u.Empfehlg aufgrund v wiss. Studien. Kannst ihn ggfls fragen, warum ab 600). Allerdings gibt es auch bei den ausgewiesenen Experten bislang keine wirkliche Klarheit, ab welcher Ferritinhöhe Aderlasstherapie angeraten ist. Die EASL-Leitlinie 2022 ist daher auch schwammig:
„Patienten mit Hämochromatose und nachgewiesener Eisenüberladung sollten sich einer Eisendepletionstherapie unterziehen (LoE 2, starke Empfehlung, starker Konsens).“ Gängige klinische Praxis bei C282Y-Homozygotie: Aderlasstherapie wird dem Patienten angeboten bei erhöhtem Ferritin ( >200 ng/ml Frauen, >300 ng/ml Männer.) Ferritinerhöhung kann verschiedenste Ursachen haben, das muss nicht Hämochromatose bedeuten, selbst dann nicht, wenn der Vater Hämochromatose hatte.
Die allermeisten Frauen mit Hämochromatose-Disposition bekommen in ihrem Leben unbehandelt keine nennenswerte Eisenüberladung. Wenn das Ferritin aber ansteigt und die Transferrinsättigung deutl. erhöht ist, weist das auf Hämochromatose. Auch Gelenkbeschwerden können bereits im Frühstadium auftreten und irgendwann kann unbehandelt das Ferritin auch bei Frauen in eine Höhe gehen, in der die Leber Schaden nehmen kann. Der monatl. Blutverlust schützt Frauen in gewissem Maße, da durch das Blut viel Eisen verloren geht. Deswegen haben junge Frauen ohne Hämochromatose-Mutationen oft Eisenmangel. Bei Frauen mit Hämochromatose-Disposition kommen Probleme mit Eisenüberladung meist erst in der Menopause. Bei diagnostizierter Hämochromatose bringen Aderlässe das Eisen in Balance. Hat man aber noch gar keine nachgewiesene Eisenüberladung, sondern es wurde nur schwankend(?!) hohes Ferritin festgestellt -kenne Deine Werte nicht, könnte Grund sein, warum Arzt Werte d l. 3 Jahre will- so sollte man m.E. erstmal die recht simple Diagnostik machen, bevor man schon Aderlässe macht. (Transferrinsättigung messen, HFE-Gentest. Werte d letzten 3 Jsahre mühsam suchen, braucht es m.E. dafür nicht.)
Hast Du Beschwerden o sypmtomfrei? Gelenkschmerzen? Leber auffällig?
Zur Aderlassprozedur.
Es gibt Hausarztpraxen, die Aderlässe durchführen. Mein früherer Hausarzt. War darüber froh. Vertraute, fast familiäre humorvolle Atmosphäre. Er hatte eine große Gemeinschaftspraxis. Eine Hausarztpraxis mit nur 1 Arzt +1 Mitarbeiter kann Aderlässe nicht leisten, da recht personalaufwendig. Neben Hausärzten gibt es Hämatologie-Praxen, an die man überwiesen wird. Da sind dann Aderlasspatienten oder auch Krebspatienten. Manche Stellen, an denen Blutspende durchgeführt wird, machen ebenfalls therapeutischen Aderlass (also Blutentnahme, die nicht als Blutspende weiterverwendet wird).
Bei mir lief

es beim Hausarzt so: Ein Zimmer für mich allein, in dem ich es mir gemütlich gemacht habe, Decke, CD aufs Ohr o. Buch, was zu trinken. Und eine Hupe, mit der ich mich bemerkbar machen konnte. Immer wieder ging mal die Tür auf und die Mitarbeiterin spickte rein, fragte, ob alles ok. (Kein Risikopatient, stabiler Kreislauf usw.) Ich bekam ebenfalls Infusionen. Macht nicht jede Praxis gern, da zusätzlicher Aufwand. Durch die Infusion wird der Flüssigkeitsverlust wieder ausgeglichen. Infusion dauert länger als d Aderlass und es fühlt sich ein bischen kühl an. Daher empfehlen sich warme Klamotten und Strümpfe /Decke. Ich finde es gut, dass sich der Arzt die Mühe macht und Dir eine Infusion im Anschluss an den Aderlass gibt. Aderlass ist für den Körper bzw. Kreislauf anstrengend. Du solltest nach dem Aderlass daher eh nicht sofort aufstehen, sondern noch eine Weile in der Praxis verbleiben-warum dann nicht noch etwas Infusion? So kann man gut überwachen, dass Dein Kreislauf ausreichend stabil ist, wenn Du aus der Praxis gehst. (Manchmal habe ich bei Zeitmangel auch darauf verzichtet, oder wir haben etwas weniger oder schneller durchlaufen lassen- konnte das gut individuell mit der Praxis absprechen.) Auch ich sollte in der alten Hausarztpraxis, die eher über einfache Mittel verfügte, mit ein Auge auf die Entnahmemenge haben und dann ggfls. hupen, wenn man sich dem Ziel nähert, falls das Personal nicht sowieso schon im Raum ist. Hatte damit kein Problem, fand das gut: Mehrere Menschen sehen mehr als 1 und so konnte man besser verhindern, dass aus Versehen zu viel Blut abgenommen wird.
Kurzum:
Würde mit Arzt Gentest besprechen und erst bei gesicherter Diagnose weiter Aderlass (Es sei denn, gesundh. Aspekte sprechen dringend für Aderlass vor Diagnose, daher mit Arzt besprechen.) Falls Gentest diagnost. Fragen aufwirft, kannst Du immer noch zum Spezialisten.
Geeignete Ferritinhöhe für Startpunkt: Experten sind sich nicht alle einig, aktueller ärztl. Konsens bei gesicherter Diagnose bzw. Gentestergebnis C282Y Homozygotie ist weiterhin überwiegend Starthöhe ab erhöhtem Ferritin (Frauen >200, Männer >300 ng/ml) 600 erscheint mir ungewöhnl..
Aderlassprozedur: Hausarztpraxis gestaltet sich nach Praxisgegebenheiten und individuellen Patienten u. seinen Bedürfnissen. Am besten ist, freundlich Fragen stellen und so kann man sicher auch Patientenwünschen entgegenkommen oder mit entsprechenden Erklärungen Verständnis beim Patienten bekommen.
Falls Gentestergebnis u/o Labor- u Beschwerdebild diagn. Fragen aufwerden, könntest Du Dich an mit Hämochromatose erfahrene Stelle wenden, das sind i.d. R. Unikliniken. Ambulanzen an Unikliniken sind allerdings eher für Organschäden u/o besondere diagnost. Herausforderungen.
http://www.uniklinikum-saarland.de/de/e ... nterologie . Es gibt/gab? auch eine lokale Hämochromatose-Selbsthilfegruppe in Saarbrücken
https://www.lokalwissen.de/hämochromato ... 35229.html
Liebe Grüße
Lia