Transferrinsättigung vs. Ferritin

In diesen älteren Diskussionen der Vorjahre könnt Ihr lesen und auch weiter aktiv schreiben. Beachtet, dass sich der Stand der Forschung seitdem geändert haben kann. Es gibt inzwischen neue Empfehlungen und Leitlinien zur Diagnostik und Therapie.
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nyrk
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Transferrinsättigung vs. Ferritin

Beitrag von nyrk »

Hallo liebes Forum,

Ich habe etwa zu Beginn des Jahres meine erste Aderlass-Saison erfolgreich hinter mich gebracht und mein Ferritin in den unteren Normbereich gebracht.

Im Jänner waren meine Werte wie folgt:

Eisen: 73 µg/dl
Eisenbindung, gesamt: 278 mcg/dl
Ferritin: 170 ng/ml
Transferrin: 197 mg/dl
Transferrin-Sättigung: 26 %

Das aktuelle Labor (gestern, 29. April 2014) ergibt die folgenden Werte:

Eisen: 118 µg/dl
Eisenbindung, gesamt: 261 mcg/dl
Ferritin: 259 ng/ml
Transferrin: 185 mg/dl
Transferrin-Sättigung: 45,22 %


Daraus werde ich nicht ganz schlau. Erfreulich ist für mich, dass mein Ferritin nach wie vor eindeutig innerhalb des Referenzbereichs (30-400) liegt.
Dass mein Eisen angestiegen ist, wird vielleicht mit dem Ferritinanstieg in Zusammenhang stehen, es liegt aber auch noch im Normbereich. Die "Eisenbindung, gesamt" liegt hingegen knapp unterhalb der Untergrenze von 268 mcg/dl.

Was ich nicht ganz verstehe, ist, dass zwar das Transferrin etwas abgesunken ist, die Transferrin-Sättigung aber deutlich angestiegen ist und den Normbereich, wenn auch nur sehr knapp, überschritten hat.
45,22%, das liegt marginal über der Grenze von 45 %. Das ist vermutlich nicht tragisch, aber ich frage mich schon, wieso meine T-Sättigung doch recht rapide ansteigt, während sich mein Ferritin damit Zeit lässt.
Den Zusammenhang zwischen Transferrin, Transferrin-Sättigung und Ferritin habe ich wohl immer noch nicht ganz durchschaut.

Nun stellt sich mir natürlich die Frage, welcher Parameter für die Überladung relevanter ist und wie bald ich angesichts der Sättigung an der Obergrenze wieder zum Aderlass sollte.

Natürlich werde ich das auch mit meiner praktischen Ärztin besprechen (mein CRP von 1,5 und eine erhöhte Harnsäure muss ich ohnehin mit ihr bereden), aber vielleicht können erfahrene "Mitleidende" unter euch einschätzen, was diese Werteentwicklung zu bedeuten hat?


Vielen Dank und liebe Grüße,

Alex
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Lia
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Re: Transferrinsättigung vs. Ferritin

Beitrag von Lia »

Hallo Alex,

Vorsicht- lang :wink:
Teil 1 Paar Infos zu den Eisenwerten:

Serumeisen zeigt NICHT die Körpereisenspeicher an.Der Serumeisenspiegel ist starken Schwankungen unterworfen. Sogar im Laufe des Tages sieht man bei ein-und derselben Person deutliche Unterschiede beim Serumeisen. Je nachdem, was man gegessen hat (Eisengehalt der Nahrung), welche Tageszeit es ist, bekommt man unterschiedliche Werte.
Die Transferrinsättigung ist ein Laborparameter des Eisenstoffwechsels, der sich aus Serumeisen und Transferrin errechnet.
Mehr zur Berechnung: http://www.med4you.at/laborbefunde/lbef ... in_sat.htm

Die Transferrinsättigung ist deswegen in Deinen Laborwerten höher als beim vorigen Mal, weil Serumeisen höher und Transferrin niedriger sind als beim vorigen Mal.
In die Berechnung der Transferrinsättigung gehen die Schwankungen des Serumeisens mit ein, daher fällt auch die Transferrinsättigung je nachdem unterschiedlich hoch aus. Bei erblicher Hämochromatose Typ 1 haben unbehandelte Patienten dauerhaft erhöhtes Serumeisen plus dauerhaft erniedrigtes Transferrin = dauerhaft sehr hohe Transferrinsättigung, aber auch da gibt es Schwankungen.

Serumferritin ist ein Protein(=Eiweiss), das Eisen speichern kann. Serumferritin zeigt, anders als das Serumeisen, die Höhe des Speichereisens in den Körpereisenspeichern an und ist daher für die Bestimmung der Körpereisenspeicher bei Hämochromatose der wichtigste Wert. Auch der wichtigste Wert, ob ein nächster Erhaltungsaderlass dran ist oder nicht.
Das Ferritin befindet sich in den Körpereisenspeichern, z.B. in der Leber, aber ein kleiner winziger Teil auch im Blut. Die Ferritinhöhe im Blut korelliert mit der Ferritinhöhe in den Körpereisenspeichern. Was ein Glück für uns ist, weil man die Höhe der Körpereisenspeicher so einfach mit Blutabnehmen einschätzen kann. :)
Serumferritin ist aber auch ein Akut-Phase Protein (= ein Stoff, der als Reaktion auf entzündliche Vorgänge vermehrt ausgeschüttet wird). Bei entzündlichen Vorgängen kann Serumferritin erhöht sein, daher bzgl Körpereisenreserven bei entzündlichen Prozessen falsch hoch ausfallen. Wenn zugleich Crp erhöht ist, spricht dies für falsch hohes Ferritin.
Transferrin hingegen ist das Eisen-Transportprotein.
Transferrin ist ein sogenanntes negatives Akute-Phase-Protein. Es ist bei entzündlichen Vorgängen vermindert.

CRP ist ebenfalls ein Akut-Phase Protein. Bei entzündlichen Vorgängen steigt es an, bei bakteriellen Infekten kann es sehr hoch ausfallen, aber schon bei Rauchern kann man leicht erhöhte Werte sehen. Wenn man bei Dir mal von einer Einheit von mg/dl ausgeht, so wird der Referenzbereich für CRP <1 mg/dl angegeben, ohne jetzt allerdings den vom Labor angegebenen Bereich/Analysemethode zu kennen.
Zuletzt geändert von Lia am Do 1. Mai 2014, 14:47, insgesamt 5-mal geändert.
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Lia
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Re: Transferrinsättigung vs. Ferritin

Beitrag von Lia »

Teil2
Zu Deinen Fragen ergibt sich aus dem, was ich oben schrieb:
Nun stellt sich mir natürlich die Frage, welcher Parameter für die Überladung relevanter ist und wie bald ich angesichts der Sättigung an der Obergrenze wieder zum Aderlass sollte.
Ferritin ist relevanter. Der obere Bereich eines Referenzbereiches ist bei der Transferrinsättigung nicht starr als Grenze zu sehen. Es ist sowieso für Hämochromatosebetroffene auch in der Erhaltungsphase normal, eine etwas höhere Transferrinsättigung zu haben als die Durchschnittsbevölkerung. TS bei knapp über 45 % hat keinerlei Krankheitsaussage.
Erst wenn die Transferrinsättigung deutlich drüber liegt, kann man diskutieren, ob man sie mit als Anzeiger für einen Aderlass oder desssen Aussetzung diskutiert. Ist die Transferrinsättigung sehr hoch, das Ferritin aber niedrig, z.B. 20 ng/ml, sollte man nicht aufgrund der hohen Transferrinsättigung daraus eine Aderlassnotwendigkeit ableiten, im Gegenteil, die Transferrinsättigung könnte als Zeichen einer "Eisen-Gier" des Körpers nach dem Aderlass sogar noch weiter ansteigen.
Sind jedoch sowohl Ferritin als auch die Transferrinsättigung recht hoch, so könnte dies ein Zeichen sein, dass ein nächster Aderlass sinnvoll sein könnte oder die intensive Phase noch nicht ganz abgeschlossen ist.

Dein Ferritin ist für Hämochromatose-Betroffene in der Erhaltungsphase eher hoch.
Es gibt derzeit keine klare Evidenz, was der ideale Ferritinbereich ist. Konsensbasierte Empfehlungen der aktuellen europäischen und amerikanischen Leitlinien lauten 50-100 ng/ml. Grund: Es könne davon ausgegangen werden, dass einerseits keine überschüssigen Eisenreserven mehr vorhanden sind, aber auch ein Eisenmangel vermieden ist. Leitlinien der europäischen Leitlinien der EASL auf deutsch: http://www.haemochromatose-forum.de/for ... php?id=717
Ich persönlich würde bei einem Ferritin von 260 ng/ml Aderlass machen bzw BLutspenden gehen bei einem Institut, das gesunde Hämochromatosler zulässt, da ich mein Ferritin gerne auf ca 70 halte. Es gibt in der Fachwelt anerkannte, zu Hämochromatose publizierende Ärzte in Deutschland, die generell einen deutlich niedrigeren Erhaltungsbereich anstreben, z-B. Ferritin zwischen 20-50 ng/ml. Hingegen gibt es in der Fachwelt anerkannte, zu Hämochromatose publizierende Ärzte z.B. in den Niederlanden, die das Ferritin innerhalb des Normbereiches für Nichtmutierte als den geeigneten Erhaltungsbereich ansehen. Wie das in Österreich so gesehen wird, weiss ich nicht.
Zudem dürfte es wohl noch einen individuellen "Wohlfühlbereich" geben, der allerdings von subjektiven Placeboeffekten wohl nicht frei ist.
Ich habe zwar Dein Ausgangsferritin im Kopf ca 3900 ng/ml, aber nicht den Wert, an dem die intensive Phase der Aderlässe beendet wurde. Bei welcher Ferritinhöhe wurde mit den intensiven Aderlässen gestoppt?

Mir als Laien sagt Deine Werteentwicklung, dass Deine Eisenwerte wohl auf vermehrte Eisenspeicherung hindeuten.
Was ja für erbliche Hämochromatose auch in der Erhaltungsphase typisch ist, deswegen brauchen die meisten Hämochromatose-Betroffenen nach der erfolgreichen intensiven Aderlassphase ein paar Aderlässe pro Jahr, um ihr Eisen in Balance zu halten.
(Ob das vermutlich über der Norm liegende CRP, falls die Einheit mg/dl so ist, zudem kenne ich den vom Labor angegebenen Bereich nicht, zu einem falsch hohen Ferritin führt, kann ich nicht beurteilen. Deine Ärztin wird Dir da gute Auskunft geben, weil sie Deinen Gesundheitszustand und Deine Werte in der Gesamtschau beurteilen kann.)

Liebe Grüße

Lia
Zuletzt geändert von Lia am Do 1. Mai 2014, 14:59, insgesamt 3-mal geändert.
nyrk
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Re: Transferrinsättigung vs. Ferritin

Beitrag von nyrk »

Hallo Lia,

Das kenne ich, das kann sehr ärgerlich sein! Ich tendiere auch zum Vielschreiben und wenn dann alles weg ist...

Falls dir das öfter passiert:
Für den Firefox gibt's da ein gutes Addon namens "Textarea Cache", das automatisch in Textfeldern eingegebene Daten sichert und sie somit wiederherstellbar macht. Und für Windows gibt's auch Tools, die eine xbeliebige Anzahl an Zwischenablagen speichern können, d.h. jedes Mal, wenn du etwas markierst und Strg+C drückst, wird es gespeichert, ohne das zuvor Gespeicherte zu löschen. Ein gutes und kostenloses Tool ist zB ClipX.


Danke für deine Antwort und Mühe, du kannst mir natürlich später gerne auch stichwortartig antworten, damit du nicht alles nochmals tippen musst! Ich werde wohl sowieso noch mit meiner praktischen Ärztin reden (und hoffe, dass sie sich da gut genug auskennen wird), aber eine erste Einschätzung gerade von "Betroffenen" würde mich natürlich interessieren :)

Liebe Grüße,
Alex
Zuletzt geändert von nyrk am Do 1. Mai 2014, 12:56, insgesamt 1-mal geändert.
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Lia
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Re: Transferrinsättigung vs. Ferritin

Beitrag von Lia »

Hi Nyrk, inzwischen haben ich den Text (2 Beiträge Teil 1 plus Teil2 ) gepostet.
Er war mir auch nicht verlorengegangen hatte den in meinen zu verschickenden Mails gespeichert.
Aber das Forum wollte den Beitrag nicht absenden.
Grund weiss ich jetzt: war die Berechnungsformel Transferrinsättigung, die ich aus Faulheitsgründen wo abkopiert hatte. Nun habe ich einen Link gesetzt auf med4you und es klappt.

Aber danke für den Tip!

Liebe Grüße

Lia
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Lia
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Re: Transferrinsättigung vs. Ferritin

Beitrag von Lia »

Nyrk, Du kennst Dich nicht zufällig mit IT aus?

Forum sucht einen technischen Betreuer!
nyrk
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Re: Transferrinsättigung vs. Ferritin

Beitrag von nyrk »

Hallo Lia!

Vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen. Es ist gut zu wissen, dass Ferritin eine wesentlich höhere Relevanz für uns hat als etwa die Transferrin-Sättigung (auf Grund der von dir erwähnten Schwankungen).

Mein Internist meinte vor den ersten Aderlässen ja, dass er bezweifle, dass wir überhaupt unter 400 kommen würden, aber ich bin mir heute noch nicht ganz sicher, ob er sich bei HC wirklich auskennt. Grundsätzlich bin ich froh, dass ich noch in jenem Referenzbereich bin, den ich bisher kannte, aber dass es Fachmeinungen gibt, die das Maximum niedriger ansetzen, werde ich ganz sicher mit meiner Ärztin besprechen und ihr auch deine Informationen mitnehmen (sie scheint mir da zum Glück recht genau zu sein und sich in Themen hineinzustürzen, über die sie zu wenig weiß - sie war es auch, die bei mir den Erstverdacht auf HC geäußert hat).

Mein Ferritin nach Abschluss der Intensivphase lag bei jenen 170 ng/ml aus dem Befund im Jänner.
Unter 100 ng/ml war ich meines Wissens nicht, aber vielleicht sollte ich das mit ein paar weiteren Aderlässen noch anstreben. Ich werde das auf jeden Fall mit meiner Ärztin bereden.


Vielen Dank für deine auch für den Oberlaien gut verständliche Antwort und für die Links!


Liebe Grüße,
Alex
nyrk
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Re: Transferrinsättigung vs. Ferritin

Beitrag von nyrk »

Ich kenne mich mit Forensoftware, Datenbankensoftware oder mit dem Serverbetrieb an sich gar nicht aus, bin aber mit Computern als Anwender recht geschickt (aber welcher digital native ist das nicht?).

Aus der IT komme ich aber nicht und vermutlich wäre das von großem Vorteil? "Technischer Betreuer" klingt schon eher nach jemandem, der eine solide IT-Ausbildung hat...

Was genau wäre denn zu machen? Geht es (auch) um Administration von Beiträgen, oder rein um technische Aufgaben, Forenwartung, Updates, etc. ? In den letzteren Bereichen wäre ich vermutlich überfragt.


Falls ich im Rahmen meiner Fähigkeiten und Zeit etwas beitragen kann, bin ich natürlich gerne dabei!

Liebe Grüße
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Lia
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Re: Transferrinsättigung vs. Ferritin

Beitrag von Lia »

Hallo Nyrk,

danke Dir.
offtopic:
Geht es (auch) um Administration von Beiträgen, oder rein um technische Aufgaben, Forenwartung, Updates, etc. ? In den letzteren Bereichen wäre ich vermutlich überfragt.
Es geht um die rein technischen Aufgaben, alles was phpbb3-magic gemacht hat. Und Foren sind sowieso noch eine Spezialsache. Aufgrund von Facebook sind die Foren außer Mode gekommen. Es gibt kaum noch Leute, die das draufhaben (wollen). Wir hatten hier jahrelang das Glück, den technisch sehr fitten Entwickler dieser Portalsversion als techn. Admin zu haben, nur ist er leider sehr krank. Vermutlich muss das Forum irgendwann auf eine Bezahl- Forensoftware umsteigen und dort die Betreuung mitbuchen, wobei dann einiges anders sein wird, als wir es jetzt so schön haben...

Ein schönes Wochenende :winke
Liebe Grüße

Lia
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