Neonatale Hämochromatose - nicht gleich tot

In diesen älteren Diskussionen der Vorjahre könnt Ihr lesen und auch weiter aktiv schreiben. Beachtet, dass sich der Stand der Forschung seitdem geändert haben kann. Es gibt inzwischen neue Empfehlungen und Leitlinien zur Diagnostik und Therapie.
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maika
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Neonatale Hämochromatose - nicht gleich tot

Beitrag von maika »

Hallo an alle, die in einer schweren Lage im Web surfen und Antworten suchen!

Letztes Jahr am 25.10. kam mein Sohn augenscheinlich gesund auf die Welt. Die Schwangerschaft war in Ordnung. Er kam eine Woche zu früh und das in null koma nix. Drei Tage sollten wir regulär in der Klinik bleiben, nur leider kam alles anders!!
Am Tag der Entlassung (27.10.) wurde wie üblich die U2 durchgeführt. Es wurde festgestellt, dass Bennet mehr als die erlaubten 10% vom Geburtsgewicht verloren hat. Ich hab gebettel, dass wir gehen können und unsere Hebamme würde doch jeden Tag kommen. Dann sprach ich die auffällig dunkle Hautfarbe meinens Sohnes an. Der Arzt holte sein Messgerät für den Billi-Rubin-Wert und da war klar, wir müssen noch bleiben. Es wurde dann Blut abgenommen, ob evtl. eine Stoffwechselstörung vorliegt. Sollten dann erstmal 2 Stunden spazieren gehen. Als ich zurück auf mein Zimmer kam, stand schon die Kinderärztin der Neonatologie im Zimmer! Sie sagte mir, mein Sohn muss sofort auf die neonatale Station runter. Ich fing sofort an zu heulen, es brach alles über mir zusammen. Sie konnte mir nicht sagen, was er hat, es müssen noch weitere Test durchgeführt werden. Also gingen wir runter, mein Mann war grad auf den Weg zur Kita, unsere Tochter (kam gesund auf die Welt). Der kleine Mann wurde sofort an sämtliche Geräte angeschlossen, es war so furchtbar. Ich durfte nicht mehr stillen, falls er an Galactosemie leidet. Am selben Abend konnte noch 3 große Krankenheiten ausgeschlossen werden. Nur woran er erkrankt war konnten sie nicht sagen. Am 29.10. wars dann soweit, die Diagnose stand "Neonatale Hämochromatose"??? was ist das? Wir wurden in ein anderes Krankenhaus verlegt, denn dort íst ein Arzt, der diese Krankheit kennt und wüsste was zu tun ist. Wieder brach eine Welt für mich zusammen aber zugleich keimte die Hoffnung in mir, dass mein Baby nun bald gesund ist und wir ihn nach Hause hohlen könnten.
Die Ärzte und Schwestern nahmen uns sehr gut auf. Mein kleiner wurden gleich am selben Tag noch auf den Kopf gestellt (Ausschluss noch anderer Krankenheiten). Er bekam dann über einen Venentropf Prostaglandin, Deferoxamin und Selen. Oral bekam er noch Acetylcystein und a-Tocopherol. Es wurde dann alle 3 Tage Blut abgenommen, um zu sehen wie die Medis anschlagen und ob das Ferritin runtergeht. Es sollte unter 500 µg/l sinken. Er kam mit 2970 µg/l dort an. Es sinkte sehr langsam. Dann haben sie dass ACC abgesetzt, dann stieg der Wert wieder an. Also ACC wieder gegeben. An einem Freitag dann die Botschaft, wir machen eine Leberbiopsie und setzen auch gleich einen Zentralen-Venen-Katheter für einen späteren Blutaustausch. Wir hatten Angst. Unser Baby im OP? Narkose? Am Montag war es dann soweit. Wir haben unsere Tochter in die Kita gebracht und dann ins KH. Er durfte nichts mehr zu sich nehmen, die OP war für Mittag angesetzt. Es war Horror. Er hatte Hunger und durfte nicht bei Mama trinken. Die OP wurde erst am späten Nachmittag durchgeführt. Ich habe ihn bis zur Schleuße gebracht und zum Narkosearzt gesagt, er soll gut auf mein Baby aufpassen!! Dann hieß es warten, warten, warten. Es war eine Ewigkeit bis mein Baby zurückkam. Nur mit einer Windel, der Bauch mit Pflaster beklebt und oben am Hals der ZVK angenäht. Er hat so geschrien, sowas habe ich noch nicht gehört. Ich wollte ihn auf den Arm nehmen und durfte nicht, er musste auf der Seite liegen, damit keine Blutung im Bauch entsteht. Es tat mir so weh, mein armes, kleines unschuldiges Baby so zu sehen. Die Schwester hat ihm dann ein Schmerzmittel gegeben. Am nächsten Tag war er immer noch nicht richtig bei uns auch wegen der Schmerzmittel. Am Mittwoch dann der Blutaustausch, da durfte ich aus hygienischen Gründen auch nicht dabei sein. Das ganze dauerte 4 Stunden. Letztendlich hat der Austausch nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Man hätte das gleich am 1. oder 2. Lebenstag durchführen sollen.
Als ging das Warten weiter. Am 01.12. kamen wir dann auch wie jeden Tag ins KH und es standen drei Ärzte um ihn rum mit riesigen Ultra Schall-Gerät. In mir stieg sofort Angst auf aber die OÄ drehte sich um und meinte nur, wollen sie ihn mit nach Hause nehmen? Was für eine Frage? Na klar, das wollten wir mehr als alles andere. Ich fragte: "Wie jetzt so plötzlich? Ist er gesund?" War er natürlich nicht. Die Behandlung machte nur keine Fortschritte mehr. Waren dann in ambulanter Behandlung bei einem Gastroentrologie. Mussten jede Woche zum Blut abnehmen. Die Werte sanken. Beim nächsten Besuch waren sie wieder gestiegen. Die Angst war noch nicht vorbei. Er hatte dann noch eine Behandlung, wenn die nicht helfen würde, hätten wir eine Lebertransplantation machen müssen. Unser kleiner Kämpfer hat dann von mir zu jeder Stillmahlzeit Exjade bekommen. Gott sei Dank hat es geholfen. Das Medi bekam er bestimmt 6 Wochen lang, er hat alles tapfer über sich ergehen lassen. Das letzte Mal waren wir im August zur Blutuntersuchug. Er ist gesund und munter. Wir sind so dankbar, dass es jemand gibt, der diese Krankheit kennt und weiß was zu machen ist, auch wenn alles irgendwie nur ein "Probieren" ist.
Ich wollte unsere Geschichte aufschreiben und Mut machen. Als ich letztes Jahr gegoogelt habe, kam immer nur raus: Neonatale Hämochromatose endet im Laufe des 1. Lebensjahr letal - tödlich.
Wie gesagt ich hoffe allen Eltern, die einmal mit dieser Diagnose konfrontiert werden, Mut machen zu können.

Maika
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Lia
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Re: Neonatale Hämochromatose - nicht gleich tot

Beitrag von Lia »

Hallo Maika,

herzlich willkommen im Forum :winken

Vielen Dank für Deinen Erfahrungsbericht.
Ich freu mich immer besonders, wenn sich hier jemand neu vorstellt, um anderen Mut zu machen :applaus

Und besonders freut mich natürlich, dass es für Euch so gut ausging. :D Aber Ihr habt einiges durch. Ich stelle es mir schlimm für ein Baby vor, so frisch auf der Welt solche Dinge erleben zu müssen und für die Eltern ist es auch schlimm, mitanzusehen, wie ihr Kind leidet.

Bei Eurem Kleinen wurde also letztendlich neonatale Hämochromatose diagnostiziert bzw es stellte sich keine andere Ursache für die auffälligen Eisenwerte/Eisenüberladung bei Neugeborenen heraus.
Ich habe bisher leider auch fast nur von letalem Ausgang oder von Lebertransplantation gehört und gelesen, umso mehr ist es gut, wenn mal so ein anderer Erfahrungbericht im Internet ist.
Wobei ich bislang auch immer nur gelesen habe, dass die Kinder nicht augenscheinlich gesund auf die Welt gekommen sind, sondern bereits zumeist sichtlich schwer organkrank und kaum überlebensfähig. Bei Deinem Kind aber sah direkt nach der Geburt erstmal alles ok aus.
"Gelegentlich übersteht ein Kind die Auswirkungen der neonatalen Hämochromatose und überlebt ohne Lebertransplantation." So steht es übersetzt auf der engl.spr. Seite http://www.neonatalhemochromatosis.org/ : Zitat
"Occasionally, a baby will "overcome" the effects of NH and survive without a liver transplant."
Wobei von den dort vorgestellten Babys alle starben. Aber: Ausnahmen wie bei Euch gibts also. Darf ich fragen-In welchem Zustand war/ist die Leber Deines Kindes? Die Leber ist ja bei fast allen Babys wohl schon schwerst durch Eisen geschädigt, daher die die Lebertransplantation. Da habt Ihr wohl riesiges Glück gehabt.

Wir haben übrigens manu72 im Forum, die Mutter eines Kindes mit neonataler Hämochromatose, das erfolgreich lebertransplantiert wurde und fit ist. (Sie schaut selten rein, aber Du kannst Ihr bei Interesse in ihrem Thread antworten oder sie per privater Nachricht anschreiben)
Bei zwei anderen Forumsthread von Eltern mit Babys mit erhöhten Eisenwerten gab es den Verdacht auf neonatale Hämochromatose, es stellten sich jedoch andere Ursachen heraus.

Diese Threads habe ich Dir mal aufgelistet:

Hämochromatose bei Babys
(war aber keine Hämochromatose)
http://www.haemochromatose-forum.de/for ... t=neonatal

Ein ganz spezieller Fall stellt sich vor
(Fragestellung ob neonatale Hämochromatose oder nicht. stellte sich andere Ursache heraus)
http://www.haemochromatose-forum.de/for ... t=neonatal

Lebertransplantation bei Neugeborenen
(u.a. mit Neuvorstellung von manu72 ,Mutter lebertransplantierten Kindes und Links)
http://www.haemochromatose-forum.de/for ... anu#p16057

Wenn Du magst, schreib doch mal, welche Klinik die neonatale Hämochromatose schließlich bei Deinem Kind diagnostiziert und behandelt hat. Das hilft anderen betroffenen Eltern.
Wenn Du es nicht öffentlich schreiben willst, kannst Du mir dazu auch eine Private Nachricht schreiben, ich habe eine kleine Hämochromatose-Ärzteliste.

Das wärs zu später Stunde erst mal von mir. :D Toll, dass Du hier geschrieben hast :D

Liebe Grüße

Lia
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Manes
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Re: Neonatale Hämochromatose - nicht gleich tot

Beitrag von Manes »

Hallo Maika,

vielen Dank für Deinen Bericht und herzlich willkommen hier im Forum.

wünsche Euch vieren alles Gute

lg

Manni
"Sie waren Menschen wie wir. Aber wenn wir in der Stille an den Kreuzen stehen, vernehmen wir ihre gefasst gewordenen Stimmen: Sorgt ihr, die ihr noch im Leben steht, dass Friede bleibe, Friede den Menschen, Friede den Völkern.“ Theodor Heuss, Bundespräsident am 17.08.1952 zur Einweihung des Ehrenfriedhofes Hürtgen.
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Re: Neonatale Hämochromatose - nicht gleich tot

Beitrag von Hanne »

Hallo Maika, :hallo

schön, daß Du Dich bei uns angemeldet hast! :D

Ich hatte beim Lesen richtig Gänsehaut bekommen und hätte vor Mitleid fast zu heulen angefangen.
Aber zum Glück ist alles gut ausgegangen und Deinem Kleinen geht es jetzt ja wieder gut!
Danke für diesen positiven Bericht, der sicher vielen betroffenen Müttern Mut machen wird!
Ich wünsche Dir und Deiner Familie alles Gute!

Liebe Grüße! :winke
Hanne
Liebe Grüße :winke
Hanne
maika
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Re: Neonatale Hämochromatose - nicht gleich tot

Beitrag von maika »

Hallo an euch zurück,


danke für euren lieben Worte, darüber habe ich mich sehr gefreut!!

Wir waren erst im Sana-Klinikum-Lichtenberg, da wurde auch der Verdacht auf neonatale Hämochromatose geäußert. Wurden dann ins Virchow-Wedding verlegt. Dort ist Dr. Werner Luck (Kindergastroenterologe), der kennt die Krankheit und weiß was zu tun ist!!

Bennets Leber ist tip top in Ordnung. Wir hatten richtig viel Glück gehabt!!!

Liebe Grüße
Maika
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Lia
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Re: Neonatale Hämochromatose - nicht gleich tot

Beitrag von Lia »

Hallo Maika,

hier noch ein Baby, das es ohne Lebertransplantation geschafft hat. :D
Medizinischer Fallbericht in ziemlich medizinischem Deutsch, aber ebenfalls mutmachend.

http://reg.mcon-mannheim.de/onlineprogr ... /aP25.html

Und danke für die Klinikinfos :D

Liebe Grüße

Lia
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Elena
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Re: Neonatale Hämochromatose - nicht gleich tot

Beitrag von Elena »

Liebe Maika,

herzlich willkommen bei uns! :blumen

Dein Bericht von Eurem kleinen Bennet hat auch mich sehr bewegt. Man kann sich kaum vorstellen, welch schlimme Zeiten ihr hinter euch habt. :troest
Umso mehr freut es mich für euch, dass es nun doch so gut ausgegangen ist. Das ist das Allerwichtigste.

Alles, alles Liebe und Gute weiterhin für eure Familie und vor Allem für den Kleinen, der so tapfer mitgekämpft hat!
Schön, dass Du mit Deinem Bericht Anderen mit gleichem Schicksal Mut machen möchtest.....dankeschön dafür! :daumen

Liebe Grüße
Elena :winke
Das Gute - dieser Satz steht fest - / Ist stets das Böse, was man lässt. (Wilhelm Busch)
manu72
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Re: Neonatale Hämochromatose - nicht gleich tot

Beitrag von manu72 »

Hallo,
mich würde es interessieren, wie es dem Kleinen heute geht.
Mein Sohn wird inzwischen bald 19 und es geht ihm super. Hallen vor ca 3 Jahren einen Zwischenfall durch Ärztepfusch. Bei einer OP wurde die transplantierte Leber verletzt, 1Liter Blutverlust mit anschließender Entzündung und Wundhöhle in der Leber. zum Glück hat sich die Leber und vor allem mein Sohn nach einem weiteren langen Weg erholt.
LG Manu
Dalia20
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Re: Neonatale Hämochromatose - nicht gleich tot

Beitrag von Dalia20 »

Hey Maika mein Sohn kam vor euren auf die Welt. Er hatte ein multiorgAnversagen 3 mal Bluttransfusion und lag lange Zeit im Koma gewesen. Die Ärzte wusste lange Zeit nicht wAs das ist und was man dagegen tun kann. Dann wurde uns gesagt das er es nicht schafft und die nächsten Stunden von uns geht. Wie durch ein Wunder hAt er gekämpft und ist wieder Aufgestanden bis heute nicht vorstellbar. Dadurch konnte euer Sohn gerettet werden das wurde mir nach ein Jahr gesagt. Wir haben uns so gefreut das noch ein Kind behandelt werden konnte weil diese Sache ja so unglaublich selten ist. Ich wollte Fragen wie es dein kleinen heute geht ??!! Und bist oder warst du nochmal schwanger?? Würde mich sehr über eine Antwort freuen
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