Was tut ihr gegen die Müdigkeit und Schlappheit?

In diesen älteren Diskussionen der Vorjahre könnt Ihr lesen und auch weiter aktiv schreiben. Beachtet, dass sich der Stand der Forschung seitdem geändert haben kann. Es gibt inzwischen neue Empfehlungen und Leitlinien zur Diagnostik und Therapie.
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jacky
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Was tut ihr gegen die Müdigkeit und Schlappheit?

Beitrag von jacky »

Hallo zusammen,
Ich bin Jacky, 27 Jahre alt und Mitte letzten Jahres wurde bei mir durch Zufall eine Hämochromatose diagnostiziert.
Durch die Aderlässe ist mein Ferritin bereits bei 29. Mein letzter Aderlass fand im Januar statt.
Ich fühle mich aber weiterhin immer noch so schlapp und müde.
Ich schlafe extrem viel (häufig 10-12std), fühle mich immer total ausgelaugt und bin teilweise schon fertig wenn ich nur 1Etage Treppen gelaufen bin.
Ich "quäle" mich die meisten Tage morgens aus dem Bett zur Arbeit, danach geht es dann aber nur noch auf die Couch, weil kaum noch Energie über bleibt.
Außerdem ist meine Stimmung schwankend. Häufig bin ich gereizt und gleichzeitig nah am Wasser gebaut.
Ich nehme schon Folsäure, Vit B6 und B12.
Von meinem Hausarzt fühle ich mich nicht ernst genommen. Ich bekomme immer das Gefühl das er denkt ich stelle mich an oder wie viele es sagen:"die Jugend von heute ist halt nicht mehr so belastbar"
Leider wurde bei mir quasi gleichzeitig eine Fructoseintoleranz diagnostiziert.
Ich kann also für mich gar nicht so genau filtern ob es noch an den Läusen (Hämochromatose) oder an den Flöhen (Fructoseintoleranz) liegt.
Deshalb wollte ich euch mal nach euren Erfahrungen fragen.
Ich wäre euch für jeden Tipp sehr dankbar!
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Lia
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Re: Was tut ihr gegen die Müdigkeit und Schlappheit?

Beitrag von Lia »

Hallo Jacky, herzlich willkommen im Forum :winke

nur wenn man die Ursache für Müdigkeit kennt, kann man dagegen an. Leider gibt es unzählige mögliche Ursachen.
Ob da überhaupt Hämochromatose oder Ferritin eine Rolle spielt, ist unklar - man kann dem aber etwas auf die Spur kommen:
Daher gleich paar Fragen, um besser antworten zu können :) :
Wie hoch waren denn Ferritin und Hämoglobin bei Diagnose und wie sieht der Hämoglobin-Wert jetzt aus? (Bitte Messeinheiten und Normbereich des Labors mit angeben)
Wie verhält sich die Transferrinsättigung, steigt sie seit einigen Aderlässen an?-

Eine steigende Transferrinsättigung auf erhöhte Werte 60-70% bei niedrigem Erhaltungsferritin könnte ein Zeichen sein, dass der Körper etwas nach Eisen "giert" , es dem Körper an Eisen mangelt und die individuelle Eisenbalance daher nicht optimal ist. Dann könnte es sinnvoll sein, einen etwas höheren Zielwert anzustreben und dem Körper etwas mehr Eisenreserven zu lassen.
Niedriger Hb bei niedrigem Ferritin wäre natürlich ebenfalls ein Zeichen, ein höheres Ferritin anzustreben, also weniger Aderlässe zu machen.
Allgemein gilt ein Ferritin zwischen 50-100 ng/ml als ein "sicherer" Bereich für eine ausgewogene Eisenbalance.
Kommt aber individuell darauf an, wie hoch Ferritin bei Diagnose war, ob Organe geschädigt sind, wie Hb, Transferrinsättigung aussehen und wie das Allgemeinbefinden ist.
Ein erfahrener Arzt entscheidet das also für jeden Patienten etwas individuell. Zudem gehen die ärztlichen Meinungen über den "idealen" Ferritinbereich gehen weit auseinander, die Ärzte entscheiden auch nach eigenen Präferenzen: Es gibt Ärzte, die ein Ferritin im "normalen" Normbereich, also durchaus Ferritin 200 ng/ml als völlig ausreichend sehen, andere Ärzte senken, wo immer das unproblematisch bei gutem Wohlbefinden geht, das Ferritin auf einen Erhaltungsbereich unter 50 ng/ml.
Kurzum: Wenn Du magst, stell die Wert mal hier ein, dann kann man genauer schreiben, was Müdigkeit im Rahmen von Hämochromatose angeht.

Meine Schnell-Tipps zu Müdigkeit wären, falls es nichts mit Eisen zu tun hat:
1. mit dem Arzt ein ernstes Gespräch suchen, extra Termin ausmachen. Mitteilen, dass das für Dich nicht "mal schlapp " bedeutet, sondern eine ernste tägliche Beeinträchtigung Deines Alltags, die deutlich über frühere und als normal empfundene Müdigkeit hinausgeht, die jeder mal phasenweise hat.
2. Rituale ändern: Extrem viel schlafen hilft evtl nicht, sondern macht evtl noch müder und antriebsloser. Evtl ausprobieren, wie es ist, wenn Du über einen längeren Zeitraum wieder nur weniger Stunden pro Tag schläfst, zudem feste Zeiten für Sport einplanst, dafür in der Mittagszeit eine Ruhephase hast, falls das mit den Arbeitszeiten vereinbar ist. Ernährung? Alles ggfls mit Arzt absprechen.
3. überlegen, welche häufigen Ursachen für Müdigkeit vorliegen könnten. Vielleicht gibt es auch nicht die 1 Ursache, sondern mehrere.
Schlechte Schlafqualität? Kieferknirscher Kopfschmerzen nach dem Aufwachen? Viel familiärer Stress, akuter oder latenter beruflicher Druck, psych.Probleme? Banale Gründe wie Gewohnheiten, bis kurz vor dem Schlafen vor dem Computer oder Fernseher zu sitzen?
(Nur als Beispiel: Bei mir ist eine banale Ursache für in letzter Zeit sehr deutlich zunehmender Müdigkeit, dass ich Probleme mit den Augen habe: sie sind immer gereizt. Brennen schon morgens nach dem Aufstehen und die Lider sind deutlich sichtbar rot. Könnte sofort wieder mich hinlegen und Augen schließen. Optiker meint, meine Augen müssen ständig ausbalancieren, das sei bei mir ziemlich extrem, sähe man selten so. Um eine neue Brille mit neuen Sehschärfen komme ich also nicht drumrum, wobei das bei mir auch nicht ganz so einfach ist...)
Schwere Infekte wie die Influenza der letzten Grippesaison können für längere Zeit noch abgeschlagen machen, auch wenn der eigentliche Infekt längst ausgestanden ist, so auch meine persönliche Erfahrung der letzten Zeit.
4. Falls banale und häufige Ursachen nach gründlichem eigenem Überlegen und Ursachensuche des Arztes ausscheiden, sollte der Arzt nach selteneren Ursachen suchen z.B. Überweisung ins Schlaflabor.

Liebe Grüße Lia
jacky
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Re: Was tut ihr gegen die Müdigkeit und Schlappheit?

Beitrag von jacky »

Hi Lia,
Danke erst einmal für deine Antwort.
Also, am 12.09.14 war mein Ferritin bei 188ng/dl (Labor:10-160ng/dl), mein HB war 12,8g/dl (Labor: 12-16) die Transferrinsättigung war 57% (Labor:16-45%)
Datum----------- HB-------------------Ferritin-------------Aderlass
11.11.14 -------- 13,4 --------------- 25,6 ----------------------
3.12 --------------------------------------------------------- 500ml
8.1.15------------13,6-------------------158
9.1.---------------------------------------------------------- 500
12.1-------------- 12,3----------------- 124
13.1. -------------------------------------------------------- 150 (da ich erkältet war und mir schwindlig wurde haben wir nicht mehr gemacht)
24.1 ----------------------------------------------------------500
28.1---------------12,5-------------------80
1.2. -----------------------------------------------------------500
4.2.----------------12,6 -----------------68
9.2.-----------------------------------------------------------500
10.2---------------11,4------------------36
18.2---------------12,8 -----------------29
3.3.----------------13,5-----------------24
18.3--------------------------------------22
25.3---------------13,8----------------- 25

Die Transferrinsättigung wurde leider nicht mit ermittelt. bzw. habe ich diese Werte nicht. Ich habe Dienstag allerdings wieder einen Termin und werde es dann mit ermitteln lassen und nochmal fragen ob sie vielleicht doch Sättigungswerte haben.
Ich war nach der Diagnose bei Prof. Dr. Gilessen er riet mir das Ferritin einmal unter 50 zu bekommen und es dann zwischen 50 und 100 ein zu pendeln. Das ich dabei auch die Sättigung im Auge haben muss hatte ich nicht auf dem Schirm.
Ich bin Krankenschwester von Beruf deshalb hab ich viele der Dinge die du unten genannt hast auch schon über dacht. Ich habe mich jetzt auch entschlossen noch mal einen anderen arzt auf zu suchen (Termin Ende April). Ich dachte mir vielleicht ist der dann eher bereit mit mir die Ursache zu suchen.
Danke für deine Tipps! Jetzt bin ich echt gespannt auf Dienstag!
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Lia
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Re: Was tut ihr gegen die Müdigkeit und Schlappheit?

Beitrag von Lia »

Hallo jacky
danke für das gut leserliche Einstellen Deiner Werte! :nick

Dein Körper hat am 13.01. signalisiert, dass er nicht geaderlasst werden will, zu Recht- und vermutlich auch ohne Erkältung- aus meiner Sicht ist das für eine junge Frau ein zu geringer Abstand. Bei Frauen ohne nennenswerte Eisenüberladung finde ich das aufgrund nicht bestehender Notwendigkeit zur Eile zu aggressiv vorgegangen, Dein Körper musste viel Blutverlust innerhalb kurzer Zeit verkraften -wobei insgesamt gut darauf geachtet wurde, dass der Hb nicht zu weit absinkt. Bei zu aggressiv vorgenommene Aderlasstherapie, insb wenn man sowieso wenig Eisen zu sich nimmt, kann das scheinbar paradoxe Phänomen eines niedrigen Ferritins mit zugleich hoher Transferrinsättigung auftreten. Bei einer hohen Transferrinsättigung, die sonst auf "viel Eisen im System" hinweist, hier bei diesem Phänomen aber auf zu wenig Eisen, weil man des Guten zu viel und zu schnell getan hat, sollte man keinen Aderlass zu machen, bevor Ferritin nicht etwas angestiegen ist. Ob das bei Dir so ist, kann ich nicht beurteilen. Man ist m.E. zwar recht aggressiv vorgegangen, was Intervalle angeht, aber man hat bei Ferritin 36 ng/ml mit den Aderlässen gestoppt und nicht weitergemacht, um Ferritin noch tiefer abzusenken.
Die Transferrinsättigung ist mitten während der intensiven Phase ziemlich egal, nur bei der Frage der Einschätzung niedrigen Ferritins gegen Ende der intensiven Phase bzw zu Beginn der Erhaltungsphase ist sie m.E. von Bedeutung wegen o.g. Phänomens.
Dann sollte man sich auch nicht extra eisenarm ernähren. (Info und Quelle, allerdings nur engl: http://www.irondisorders.org/Websites/i ... C2010R.pdf )

Du bist in der Erhaltungsphase und wirst eine Zeitlang sowieso keinen Aderlass bekommen. Ich würde abwarten, vermutlich wird es Dir bald besser gehen, wenn Du aufgrund der Aderlasstherapie schlapp bist.
Allerdings ist schon allein Dein Beruf möglicher Grund, schlapp zu sein. Kenne diverse Krankenschwestern und-pfleger, die irgendwann Burn-out hatten.
Man will gut pflegen und hat aber nicht die Zeit dazu, weil z.B. Einsparungen immer mehr unter Druck setzen. Burn out betrifft häufig Schwestern und Pfleger, die ihren Beruf lieben und ernst nehmen. Ich hoffe, dass es "nur" noch Rest-Schlappheit der Aderlass-Phase ist.

Liebe Grüße
Lia
jacky
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Re: Was tut ihr gegen die Müdigkeit und Schlappheit?

Beitrag von jacky »

Hallöchen Lia,
Das hört sich für mich ja echt logisch an was du sagst. Kann mir gut vorstellen ,dass das Problem sein könnte. Ich werde dem auf jeden fall nachgehen.
Das ist echt erstaunlich was du für ein Wissen über Hämochromatose hast. Hast du dir das alles selbst angeeignet wegen der Erkrankung oder hast du auch einen medizinischen Beruf.
Auch damit das Krankenschwestern oft ein burn-out erleiden hast du recht. Ich habe das auch schon oft gehört und gelesen.
Durch einen wechsel des Arbeitsplatzes habe ich vor 2Jahren jedoch eine Stelle gefunden bei der ich mit dem Arbeitspensum zufrieden bin. Eine Stelle bei der man sich nicht ständig überlastet und ausgebeutet fühlt.
Ich bin damit also schon mal einen großen Stressor losgeworden.
Ich werde deinen Tipps auf jeden Fall nach kommen und noch mal Rücksprache mit den Ärzten halten. Und dir dann eine Rückmeldung geben.
Ich finde auf jeden Fall super was ihr hier im Forum macht und möchte mich noch mal dafür bedanken.
Du bist mir eine große Hilfe :blumen
Ich melde mich dann nach dem Arzttermin und berichte!
Liebe Grüße und ein schönes restliches Wochenende!
Jacky
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Hanne
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Re: Was tut ihr gegen die Müdigkeit und Schlappheit?

Beitrag von Hanne »

Hallo Jacky!

Herzlich Willkommen bei uns im Forum! :hallo
Liebe Grüße :winke
Hanne
jacky
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Re: Was tut ihr gegen die Müdigkeit und Schlappheit?

Beitrag von jacky »

Danke, hanne!
jacky
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Re: Was tut ihr gegen die Müdigkeit und Schlappheit?

Beitrag von jacky »

Hallo ihr Lieben,
Ich hatte ja gesagt ich würde mich noch einmal melden, wenn es was neues gibt...
ich habe nun einen netten, guten (glaub ich zumindestens) Hämatologen in Münster gefunden.
Dort war ich nun schon zwei mal.
Er sagte mir das er glaube das ich so müde sei weil die Aderlässe zu oft gemacht wurden.
Jetzt ist es aber so dass mein Ferritin-Wert, obwohl keine Aderlässe mehr gemacht wurden, kaum steigt.
Er ist jetzt nach fast 5 Monaten so gut wie nicht gestiegen.
Trotzdem fühle ich mich schon echt besser. Zu mindestens Phasen weise.
Ich glaube das die Müdigkeit dann vielleicht doch eher von der Fructoseintoleranz kam.

Liebe Grüße
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Kunozerus
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Re: Was tut ihr gegen die Müdigkeit und Schlappheit?

Beitrag von Kunozerus »

Hallo Jacky,

schön, dass du mittlerweile einen Hämatologen gefunden hast, bei dem du dich gut aufgehoben fühlst. Das ist schon mal mehr als die halbe Miete! Es gibt leider eine Menge Ärzte, die sich mit Hämochromatose nicht so besonders gut auskennen, dieses aber nicht so recht zugeben können...

Ich drücke dir die Daumen, dass du dich bald wieder insgesamt besser fühlst!

:winke
Das Leben ist gar nicht so. Es ist ganz anders!

Liebe Grüße von Caro
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