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Unterschiedliche Eisenüberladungswirkung ??

Verfasst: Do 13. Nov 2008, 19:54
von Manes
bin heute durch einen newsletter auf folgenden link gestoßen:

http://www.leben-mit-transfusionen.de/e ... 68137.html

Natürlich haben die Leute mit den dort angegebenen Krankheiten (Beta-Thalassämie, myelodysplastischem Syndrom) ganz andere Probleme als wir. Allerdings wird dort auch die Aussage getätigt, daß Serumferritinwerte von 1000ng/ml im allgemeinen nicht bedrohlich sind. Jetzt frage ich mich natürlich, warum man bei diesen Patienten einen so hohen Ferritinwert noch akzeptiert, wärend man bei uns Hämos das ganze schon bis auf 30ng/ml heruntersetzt. Irgendwo fehlt mir hier die Relation zu unserer doch recht intensiven :al erei bei Serumferritinwerten von 1000ng/ml und mehr.

Hier hat sich doch vor einiger Zeit auch mal jemand mit Sichelzellenanämie gemeldet.Vielleicht weiss ja auch der den Grund daür, bzw kann berichten, wie es bei ihm gehandhabt wird.

lg

Manni

Re: Unterschiedliche Eisenüberladungswirkung ??

Verfasst: Do 13. Nov 2008, 20:10
von Walburga/
Hallo Manes,
das wundert mich auch sehr. :o
Eine Bekannte von mir hat eine seltene rheumatische Erkrankung und hatte einmal während eines Schubes einen Ferritinwert von 3000. Sie musste keinen AL machen lassen, der Wert ging von selbst wieder hinunter, als sie Rheumamittel u. Cortison bekam und die Entzündung eingedämmt war.
lg,
Walburga

Re: Unterschiedliche Eisenüberladungswirkung ??

Verfasst: Do 13. Nov 2008, 21:16
von Lia
Hallo Manes,

bei sekundärer Eisenüberladung kann auch bei höherem Serumferritinwert die Lebereisenkonzentration noch recht normal ausfallen. Es verhält sich etwas anders als bei unserer primären Hämochromatose. Es ist z.B in der Leber eine andere Verteilung der Eisenüberladung, sie betrifft anderes Gewebe: die Siderose ist hauptsächlich die Kupfferschen Sternzellen und weniger in den Leberparenchymzellen.

Bei einem Patienten mit hereditärer primärer Hämochromatose erst ab 1000 ng/ml mit Eisenentzug anzufangen, wäre aufgrund der möglichen Eisenbelastung der Organe respektive Leber ungut.
Würde man andererseits Patienten mit sek. Siderosen unter 1000 ng/ml mit Eisenchelatoren "zubomben", könnte dies schnell zu erhöhten Nebenwirkungen dieser Medikamente kommen.

Dazu http://www.eiseninfo.de/thalasdia.htm
Insbesondere Patienten mit einem in Bezug auf das Speichereisen relativ zu hohem Serum-Ferritin sind durch die Nebenwirkungen von Deferoxamin (Hör- und Sehverlust) gefährdet. Bei jugendlichen Patienten kann eine dem tatsächlichen Speichereisen nicht angepasste Dosis zu einer irreversiblen Beeinträchtigung des Wachstums führen.

Exemplarisch werden die Probleme einer nichtangepassten Chelator-Behandlung mit DFO an einem 17 jährigen Patienten (m, 152 cm, 41 kg) mit ß-Thalassämie major sichtbar. Bei einem Ferritin-Wert von 829 µg/l und einer mittleren DFO-Dosis von 40 mg/kg/d wird ein TI von 0.048 (mg kg-1d-1)/(µg l-1) berechnet, wobei die Ferritin-Werte früher auch deutlich höher ausfielen. Die SQUID-Biosuszeptometrie zeigte mit LIC = 203 ± 76 µg/gLeber jedoch normale Eisenkonzentrations-Werte, woraus sich mit einem Lebervolumen von 1400 ml das Gesamtspeichereisen U = 355 mg errechnet. Damit ergibt sich der DFO-Index zu Cch = 8.2 mmol d-1g-1, der weit über dem Risiko-Index von 1.4 liegt. Dazu passt ein linksseitiger Hörverlust.
Hallo Walburga, hat die Bekannte Morbus Still des Erwachsenen? Bei rheumatischen Erkrankungen spiegelt erhöhtes Serumferritin meist einen entzündlichen Prozess und nicht Eisenüberladung wieder. Insbesondere bei Morbus Still können sehr hohe Ferritinwerte vorkommen.

Bei der Anämie chronischer Erkrankungen ist bei niedrigem Hb-Wert das Ferritin erhöht. Obwohl keine Eisenüberladung besteht. Viele Rheumatiker haben diese Form der Anämie.



Liebe Grüße



Lia

Re: Unterschiedliche Eisenüberladungswirkung ??

Verfasst: Do 13. Nov 2008, 21:17
von BirgittaM
@Walburga: Ferritin kann eben auch entzündungsbedingt ansteigen und hat dann nichts mit den Eisenspeichern zu tun. Dass deine Bekannte keinen AL bekam, ist also nur gut und richtig. Nachdem die Entzündung abgeklungen war, ist sicher auch das Ferritin wieder im Normbereich oder in der Nähe davon.
@Manni: das war Olli und der hatte eine Kugelzellenanämie. Möglicherweise sind die Gefahren durch den hohen Serumferritinwert bei den Patienten mit sekundärer H. geringer einzuschätzen als die direkten Erkrankungsfolgen. Die Chelatbildner, die sie zur Entleerung der Eisenspeicher bekommen, machen ja auch viele Nebenwirkungen, so dass man dort eben einfach die Latte ein bisschen tiefer legt... nur so eine Vermutung.... :ratlos

Re: Unterschiedliche Eisenüberladungswirkung ??

Verfasst: Do 13. Nov 2008, 21:19
von BirgittaM
Na, wenn ich noch 2 Minuten gewartet hätte, hätte ich mir den Beitrag auch schenken können.... :D :wink:

Re: Unterschiedliche Eisenüberladungswirkung ??

Verfasst: Do 13. Nov 2008, 21:23
von Lia
Hallo Birgitta,

das wäre aber schade gewesen. Denn hier hat sich mal wieder gezeigt, daß gesunder und charmanter :blumen Menschenverstand und Fachliteraturquellen kongruent sein können bzw zum gleichen Ergebnis kommen :D

Liebe Grüße

Lia

Re: Unterschiedliche Eisenüberladungswirkung ??

Verfasst: Do 13. Nov 2008, 22:03
von Walburga/
Hallo Lia,
Wow, ich bin beeindruckt: :applaus
Du hast das sehr gut erkannt.
Die Bekannte hat Morbus Still.
Das ist wohl auch so eine Krankheit mit vielen recht unspezifischen Symptomen, die von den Ärzten oft lange nicht erkannt wird.
lg,
Walburga

Re: Unterschiedliche Eisenüberladungswirkung ??

Verfasst: Do 13. Nov 2008, 22:11
von Lia
Hallo Walburga,

ja, diese Erkrankung ist selten und noch seltener wird sie schnell diagnostiziert, obwohl es einige typische Hinweise gibt. Neben Fieber (gibt es auch bei anderen entz. rheum Erkrankungen, bei Still aber in einer typ. Form) müßte der häufig enorm hohe Ferritinwert (das kann noch weit über 3000ng/ml rausgehen) jedem internistischen Rheumatologen ins Auge springen und ihn an Still denken lassen.

Aber es ist eben so, daß jeder seinen Fokus woanders hat (Deswegen sind Zweitmeinungen von einem Kollegen nichts Verwerfliches und schmälern nicht die eigene Kompetenz als Arzt.)
Ich als Laie bin in der glücklichen Lage, meinen kleinen Hobbyfokus hauptsächlich auf das Eisen bzw den Ferritinwert richten zu können, auch wenn ich mich um breites Hintergrundwissen bemühe.
Ein internistischer Rheumatologe hat viele Laborwerte und viele Krankheitszeichen zu berücksichtigen und zu beurteilen, so daß dann trotz enormen medizinischen Wissens manchmal elementare Hinweise auf eine Erkrankung zwar irgendwie gesehen, aber nicht als solche wahrgenommen und zur Diagnosestellung verwertet werden.

Liebe Grüße

Lia

Re: Unterschiedliche Eisenüberladungswirkung ??

Verfasst: Do 13. Nov 2008, 22:24
von Marie
Hallo Ihr Lieben!

Zu diesem Thema muss ich jetzt auch nochmal was fragen!

Bei meinem letzten Blutbild hatte ich folgende Werte (in Klammern die Referenzwerte des Labors):

Eisen 50.1 (7.0 - 26.7)
Transferrin 237 (200 - 360)
Ferritin 60 (10 - 200)
Transferrinsättigung 84% (16 - 45)
Hb 14.8 (12 - 15.7)

Ich war verwundert, dass die Transferrinsättigung, nachdem sie schon bei ca. 50% war, nun wieder so hoch ist, habe mit meinem Arzt darüber diskutiert und wundere mich immer noch.
Er meinte, bei mir sei offensichtlich immer noch viel Eisen in den Organen gespeichert, auch wenn der Ferritinwert immer niedrig sei, u. ich müsse wahrscheinlich monatlich einen AL machen. Das Eisen würde nur dann aus den Speichern entfernt, wenn der HB-Wert an der unteren Grenze sei. Die Transferrinsättigung unterliege Tagesschwankungen, genauso wie der Eisenwert.
Man müsse eine Leberbiopsie machen, um Klarheit zu gewinnen.
(Und dann meinte er noch, er könne sich nicht vorstellen, dass meine Gelenkprobleme mit der HH zu tun haben!
Mann-oh-Mann! :mies )

Bzgl. der Leberbiopsie habe ich gleich abgewunken u. ihm gesagt, dass es auch andere Möglichkeiten gibt (Dr. Nielsen kannte er nicht).

Nach diesem Blutbild hatte ich im Abstand von 3 Wochen 2 ALs, das Ferritin ist jetzt, vier (!) Wochen nach dem letzten AL, auf 14.1!
Ich nehme mal an, ich war zwischendurch im Minus - wenn's das denn gibt.

Wie kann es sein, dass ein Arzt (Professor!) so wenig über Details informiert ist!?
Was er erzählt hat, widerspricht in vielen Bereichen dem, was ich schon zu wissen glaubte.
Muss man sich, als HHler, immer selbst um alles kümmern!?
Ich hoffe, einige kompetente Forumsmitglieder können sich mal dazu äußern u. meine Verwirrung beseitigen.

(Und dann sah er zufällig meine gelb-braune Handfläche und schaute sie interessiert an. Nach meinen Erklärungen meinte er, es sei eine gute Idee, die Schwedenkräuter auszuprobieren - was ihn mir wiederum irgendwie sympathisch macht.)

Liebe Grüße Marie :roll: (etwas durcheinander)

Re: Unterschiedliche Eisenüberladungswirkung ??

Verfasst: Do 13. Nov 2008, 22:54
von Lia
Hallo Marie, erlaube, daß ich zwischen Deinen Zeilen antworte:
Bei meinem letzten Blutbild hatte ich folgende Werte

Eisen 50.1 (7.0 - 26.7)
Transferrin 237 (200 - 360)
Ferritin 60 (10 - 200)
Transferrinsättigung 84% (16 - 45)
Hb 14.8 (12 - 15.7)

Ich war verwundert, dass die Transferrinsättigung, nachdem sie schon bei ca. 50% war, nun wieder so hoch ist,
Er meinte, bei mir sei offensichtlich immer noch viel Eisen in den Organen gespeichert, auch wenn der Ferritinwert immer niedrig sei, u. ich müsse wahrscheinlich monatlich einen AL machen.
Sehe ich anders, ich würde mal probieren, die Intervalle zu strecken und schauen, wie sich die Transferrinsättigung dann verhält -Stichwort "iron avid":

http://www.irondisorders.org/Disorders/about.asp
A word of caution: some hemochromatosis patients have become so efficient at inhibiting the absorption of iron that they become iron avid. The iron avid patient has a normal to low ferritin (usually low) but a very high transferrin-iron-saturation percentage (Tsat%). Experts agree that iron avidity is probably the body's response to not enough iron coming into the system. Hemochromatosis patients who have become iron avid, should discontinue phlebotomies and eat to replenish iron stores.
=zusammengefaßt heißt das übersetzt: einige Hämos haben nach der intensiven Aderlaßphase in der Erhaltungsphase weiterhin sehr hohe Transferrinsättigung. Experten sind der Ansicht, daß es in solchen Fällen möglicherweise helfen kann, mit den Aderlässen erstmal auszusetzen und die Eisenspeicher etwas auffüllen zu lassen.
Das Eisen würde nur dann aus den Speichern entfernt, wenn der HB-Wert an der unteren Grenze sei.
Dies gilt nur für das Ende der intensiven Phase, nicht jedoch für die Erhaltungsaderlässe. Bzw die Ansicht, daß man als Hämo lebenslang in leichter Anämie leben müsse, ist heute überholt, siehe auch da in obige Quelle)
Die Transferrinsättigung unterliege Tagesschwankungen, genauso wie der Eisenwert.
Dies ist korrekt, der Serumeisenwert kann meines Wissens bis um das Dreifache innerhalb eines Tages ansteigen und ist glaube ich am Nachmittag am höchsten. Daher sollte man die Transferrinsättigung immer möglichst ungefähr zur gleichen Zeit und dann auch nüchtern abnehmen (auch wenn es eigentlich nicht zwingend nüchtern erforderlich wäre).
Man müsse eine Leberbiopsie machen, um Klarheit zu gewinnen.
Man kann durch eine Leberbiopsie und durch eine Messung mit SQUID Klarheit gewinnen über die vorhandenen Eisenreserven in der Leber. Man kann aber keine Klarheit über eine dauerhaft erhöhte Transferrinsättigung bei einem Hämo in Erhaltungsaderlässen gewinnen. Sollte man da tatsächlich eine Leberbiopsie erwägen angesichts einer solcherart erhöhten Transferrinsättigung, dann wäre das aus meiner Sicht wie mit Kanonen auf Grzimek-aliasLoriotsche Steinläuse zu schießen :engel? :D .....
Und dann meinte er noch, er könne sich nicht vorstellen, dass meine Gelenkprobleme mit der HH zu tun haben.
Tja... hmmm :gruebel
Drucke ihm doch mal den Artikel "Die Arthropathie der H." aus, der hier in der Suchfunktion leicht zu finden ist.
Ich nehme mal an, ich war zwischendurch im Minus - wenn's das denn gibt.
Wenn ein Minuszeichen vor dem Laborwert steht, dann heißt das, daß sich der Wert unter dem vom Labor angegebenen Normbereich befindet. Ein Plus steht, wenn der Wert über dem Normbereich ist.
Wie kann es sein, dass ein Arzt (Professor!) so wenig über Details informiert ist!?
siehe meinen Beitrag an Walburga.
Muss man sich, als HHler, immer selbst um alles kümmern!?
Ich glaube, oft muß man das. Noch...ich bin Optimist :D

Liebe Grüße

Lia

Re: Unterschiedliche Eisenüberladungswirkung ??

Verfasst: Do 13. Nov 2008, 23:44
von Marie
Lia,

Du bist einfach Klasse! Wo hast Du das nur wieder alles her! :applaus
Ich bin also "iron avid" - eisengierig! Ist ja toll!

Übrigens habe ich nach Beendigung der intensiven ALs im Mai 2007 nur alle 3-4 Monate einen AL gehabt, der kurze Abstand jetzt war eine Ausnahme!

Dass die Transferrinsättigung so instabil ist, wusste ich nicht, interessant! Dann hatte der Doc gar nicht so Unrecht wie ich dachte!

Evtl. fahre ich mal zu Dr. Nielsen nach Hamburg, wegen der Leber. Ich bin ja immer für das, was nicht schadet.

Mit dem Ferritinwert im Minus hast Du mich nicht richtig verstanden, macht aber nichts!

Vielen Dank, jedenfalls! Und jetzt muss ich ins Bett! :schlafgut
Liebe Grüße Marie

Re: Unterschiedliche Eisenüberladungswirkung ??

Verfasst: Mi 26. Aug 2009, 21:17
von Walburga/
Hallo,
ist es möglich, daß jemand mit unbehandelter HH eine chronische Herzerkrankung bekommt, aber Leber und Pankreas unauffällig sind?
Gruß,
Walburga/

Re: Unterschiedliche Eisenüberladungswirkung ??

Verfasst: Mi 26. Aug 2009, 21:58
von BirgittaM
Naja, ich bin ja im besten Fall hier die Einäugige unter den Blinden :hallo , aber ich glaube, dass - wenn durch eine Eisenüberladung der Herzmuskel in Mitleidenschaft gezogen wurde - auch zumindest in der Leber ein erhöhter Eisenwert und entsprechende Folgen (Erhöhung der Leberwerte, möglicherweise Leberparenchymschäden) zu verzeichnen sein müssten. Das beschriebene Szenario halte ich (Achtung, Laie! :guck ) für eher unwahrscheinlich, jedenfalls was die Leberbeteiligung angeht.
Beziehst du dich auf einen konkreten Fall? Ist es sicher HH? :gruebel

Re: Unterschiedliche Eisenüberladungswirkung ??

Verfasst: Do 27. Aug 2009, 03:51
von Manes
Huhu Walburga,

nie vergessen: Herzerkrankungen können sehr viele Ursachen haben, auch die chronischen. Ansonsten schließe ich mich Birgitta an.

lg

Manni

Re: Unterschiedliche Eisenüberladungswirkung ??

Verfasst: Do 27. Aug 2009, 15:12
von Walburga/
Danke Brigitta und Manes!
Ja, Brigitta, ich beziehe mich auf meinen vor 15 Jahren verstorbenen Vater. Er ist an einer chronischen Herzerkrankung gestorben. Ob irgendwelche Leberwerte erhöht waren, oder ob jemals Ferritin bei ihm abgenommen wurde, weiß ich nicht.
Sein Vater ist 1910 mit 59 an einem Darmkrebs? gestorben.
lg,
Walburga